Full text: Vorlesungen über das Wesen der Religion (8. Band)

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verübt und allen Fluch oder Lüge, die ich gesprochen. Heute habe ich 
die Wasser verehrt, mit der Wasser Wesenheit habe ich mich 
verbunden (im Baden), komm du mit dem Wasser begabter Agnis, 
umgieb mich mit Glanz“. 
24) Insofern die Eltern Privatwesen, die Götter aber öffentliche, 
den ganzen Staat, alle Bürger betreffende und umfassende Wesen sind, 
so stehen allerdings jene diesen nach, denn das Haus oder die Familie 
(d. h. diese oder jene) kann, wie Valerius Maximus sagt, vernichtet 
werden, ohne daß der Staat zu Grunde geht, aber der Untergang der 
Stadt oder des Staats zieht nothwendig den Untergang aller Penaten 
nach sich. In der Rangordnung der Pflichten weist daher Cicero den 
Pflichten gegen die Götter den ersten Platz an, den Pflichten gegen das 
Vaterland den zweiten, den Pflichten gegen die Eltern den dritten. Aber 
Grad oder Rangunterschiede machen keinen Wesensunterschied. Ueberdem 
ist das Erste in der Gedankenordnung nicht das Erste in der Naturord⸗ 
nung. Der Ursprung der Heiligkeit des Vaterlands ist die Heiligkeit 
des eigenen Herdes *), der Penaten, der Väter, und der Ursprung der 
Heiligkeit der Götter die Heiligkeit des Vaterlands, denn der Haupt— 
grund ihrer Verehrung liegt ja darin, daß sie die Götter des Vaterlands, 
daß sie Di Romani sind, aber ehe Rom war, gab es auch keine 
römischen Götter. 
) Quideést sanetius, sagt Cicero oder der Verfasser der Oratio pro domo, 
guid amuni religione munitins, quam domus uniuscujusque ei— 
zium? . . . . hoc perfugium est ita sanctum omnibus, ut inde abripi neminem fas 
est. Welch ein Contrast zwischen diesem Respect des heidnischen Staates vor der 
Heiligkeit des Hausrechts und der Roheit, der Unverschämtheit, womit der christliche 
Staat und noch dazu aus den leichtfertigsten Verdachtsgründen, wie ein Dieb über 
Nacht ins Haus bricht und den Eigenthümer ins Gefängniß schleppt!
	        
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