Full text: Vorlesungen über das Wesen der Religion (8. Band)

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lichen, schlechten Handlungen. Es bestätigt sich ferner die Erklärung 
der Religion aus der Furcht durch die Thatsache, daß selbst auch bei 
geistigen Völkern die hoͤchste Gottheit die Personification der Naturer— 
scheinungen ist, welche den höchsten Grad der Furcht in dem Men— hmn 
schen erzeugen, die Gottheit des Gewitters, des Blitzes und Donners. 
Ja es giebt Völker, bei welchen kein anderes Wort für Gott existirt, als Zinn 
der Donner, bei welchen also die Religion gar nichts Andres aus⸗ ih 
drückt, als den niederschmetternden Eindruck, welchen die Natur durch win 
den Donner vermittelst des Ohres, des Organs der Furcht, auf den v ftl 
Menschen macht. Selbst bei den genialen Griechen heißt bekanntlich der hgion 
hoͤchste Gott schlechtweg der Donnerer. Eben so war der Gott Thoͤrr oder n, 
Donar, d. i. Donnergott bei den alten Germanen, wenigstens Nord— villh 
germanen, gleichwie auch bei den Finnen und Letten, der älteste und 38 
erste, am allgemeinsten verehrte Gott. Wenn der englische Philosoph helln 
Hobbes den Verstand aus den Ohren ableitet, weil er den Verstand mit hni 
dem hoͤrbaren Worte identificirt, so kann man und zwar mit größerem Ahrt 
Rechte auf Grund dieser Facta, nach welchen der Donner den Götter⸗ hhhl 
glauben den Menschen eingekeilt hat, das Trommelfell im Ohre als den Vin 
Resonanzboden des religiösen Gefuͤhls, das Ohr als die Bärmutter der d 
Gotler bestimmen. In der That, hätte der Mensch nur Augen und 
Hände, Geschmack und Geruch, so haͤtte er keine Religion, denn alle hn 
diese Sinne sind Organe der Kritik und Skepsis. Der einzige sich im L 
Labyrinth des Ohrs ins Geister- oder Gespensterreich der Vergangenheit ihn 
und Zukunft verlierende, der einzige furchtsame, mystische und gläubige 
Sinn ist das Gehoͤr, wie schon die Alten richtig bemerkten, indem sie 
sagten: „Ein Augenzeuge gilt mehr als tausend Ohrenzeugen“ und „die 
Augen sind zuverlassiger als die Ohren“ oder: „was man sieht, ist ge⸗ 
wisser als was man hört“. Darum stuͤtzt sich auch die letzte, geistigste 
Religion, die christliche, mit Bew ußtsein nur auf das Wort, R 
sie sagt, das Wort Gottes, und folglich auf das Gehör. Der 
Glaube, sagt Luther, kommt aus dem Anhören der Predigt vom Herrn“. 
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