4
lichen, schlechten Handlungen. Es bestätigt sich ferner die Erklärung
der Religion aus der Furcht durch die Thatsache, daß selbst auch bei
geistigen Völkern die hoͤchste Gottheit die Personification der Naturer—
scheinungen ist, welche den höchsten Grad der Furcht in dem Men— hmn
schen erzeugen, die Gottheit des Gewitters, des Blitzes und Donners.
Ja es giebt Völker, bei welchen kein anderes Wort für Gott existirt, als Zinn
der Donner, bei welchen also die Religion gar nichts Andres aus⸗ ih
drückt, als den niederschmetternden Eindruck, welchen die Natur durch win
den Donner vermittelst des Ohres, des Organs der Furcht, auf den v ftl
Menschen macht. Selbst bei den genialen Griechen heißt bekanntlich der hgion
hoͤchste Gott schlechtweg der Donnerer. Eben so war der Gott Thoͤrr oder n,
Donar, d. i. Donnergott bei den alten Germanen, wenigstens Nord— villh
germanen, gleichwie auch bei den Finnen und Letten, der älteste und 38
erste, am allgemeinsten verehrte Gott. Wenn der englische Philosoph helln
Hobbes den Verstand aus den Ohren ableitet, weil er den Verstand mit hni
dem hoͤrbaren Worte identificirt, so kann man und zwar mit größerem Ahrt
Rechte auf Grund dieser Facta, nach welchen der Donner den Götter⸗ hhhl
glauben den Menschen eingekeilt hat, das Trommelfell im Ohre als den Vin
Resonanzboden des religiösen Gefuͤhls, das Ohr als die Bärmutter der d
Gotler bestimmen. In der That, hätte der Mensch nur Augen und
Hände, Geschmack und Geruch, so haͤtte er keine Religion, denn alle hn
diese Sinne sind Organe der Kritik und Skepsis. Der einzige sich im L
Labyrinth des Ohrs ins Geister- oder Gespensterreich der Vergangenheit ihn
und Zukunft verlierende, der einzige furchtsame, mystische und gläubige
Sinn ist das Gehoͤr, wie schon die Alten richtig bemerkten, indem sie
sagten: „Ein Augenzeuge gilt mehr als tausend Ohrenzeugen“ und „die
Augen sind zuverlassiger als die Ohren“ oder: „was man sieht, ist ge⸗
wisser als was man hört“. Darum stuͤtzt sich auch die letzte, geistigste
Religion, die christliche, mit Bew ußtsein nur auf das Wort, R
sie sagt, das Wort Gottes, und folglich auf das Gehör. Der
Glaube, sagt Luther, kommt aus dem Anhören der Predigt vom Herrn“.
34