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viduelle“ Vernunft aufopfert, nicht auch ein individuelles Buch? Sind
die Vorstellungen der Bibel die Vorstellungen des Korans, der Vedas,
des Zendavesta? Ist, was in Beziehung auf den Christen allgemein,
nicht in Beziehung auf den Mohamedaner oder Hindu individuell? Ist,
was unseren gläubigen Vorfahren für „Gotteswort“ galt, nicht längst
als Menschenwort erkannt? Wie relativ ist auch hier der Unterschied
zwischen Allgemein und Individuell! Was an diesem Ort und zu dieser
Zeit für „individuelle Willkür“ gilt, das ist an einem andern Ort und
zu einer andern Zeit allgemeines Gesetz. Und was heute oder hier eine
subjective, ketzerische Meinung ist, das ist dort oder morgen heiliger
Glaubensartikel. Bei uns ist jetzt Republik und anarchische Willkür,
Königthum und Gesetzlichkeit identisch; aber bei den Römern war kö—
niglich ein Prädikat der Gesetzlosigkeit, der Willkür, der Unzucht, des
Hochmuths — regia libido, regii spiritus, superbia regia, — da hieß
es: Regia res scelus est. Und ist dieser Ausspruch nicht von der Ge—
schichte, selbst auch der deutschen, bestätigt? Ist nicht auch bei uns die
Monarchie, wenn gleich im Einklang mit den Wünschen und Interessen
der Menge im Gegensatz zu den Uebeln aristokratischer Polyarchie, aus
individueller Herrsucht, individueller Habsucht, indi—
kchun dueller Mordsucht hervorgegangen? Ist nicht bei uns die Todes—
ur strafe, wenigstens gegen zahlungsfähige Freie, nur mit dem Kö—
nigthum entsprungen? Wirth: Deutsche Geschichte.) Und ist nicht
in der Monarchie, wenigstens der wahren, der absoluten, die indivi—
duelle Willkür des Monarchen allgemeines Gesetz, die individuelle
Neigung desselben allgemeine Sitte? Heißt es hier nicht: IEtat, cest
e moi und qualis rex, talis grex? ) Allerdings giebt es einen und
zwar sehr reellen Unterschied zwischen Allgemein und Individuell, aber
keineswegs im Sinne und zu Gunsten unserer politischen und speculati—
ielhen
nit *) ... Maltitudinem quoque, quae semper ferme regenti est similis. Livius.
Lih. V.