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enen Odhin, obgleich er später hauptsächlich nur ein politisches Wesen, na—
mentlich Kriegsgott ist, ursprünglich nichts Andres, gleich dem Zeus
der Griechen, dem Jupiter der Römer, als der Himmel, daher die
Sonne sein Auge heißt. Die Natur war daher und ist noch heute bei
den Naturvölkern nicht etwa als Symbol oder Werkzeug eines hinter
der Natur versteckten Wesens oder Gottes, sondern als solche, als
Natur, Gegenstand religiöser Verehrung.
Der Inhalt des zweiten Paragraphen ist kürzlich der, daß die Reli—
gion allerdings den Menschen wesentlich oder eingeboren sei, aber nicht
die Religion im Sinne der Theologie oder des Theismus, des eigentlichen
Gottesglaubens, sondern nur die Religion, in wiefern sie nichts Andres
ausdrückt, als das Gefühl der Endlichkeit und Abhängigkeit des Menschen
von der Natur.
Ich habe zu diesem Paragraphen vor Allem zu bemerken, daß ich
hier Religion von Theismus, von dem Glauben an ein von der Natur
und dem Menschen unterschiednes Wesen, unterscheide, während ich doch
in der früheren Stunde sagte, daß man den Gegenstand der Religion
insgemein Gott nenne. In der That hat sich auch der Theismus, die
Theologie, der Gottesglauben, bei uns so mit der Religion identificirt,
daß keinen Gott, kein theologisches Wesen und keine Religion haben
für eins gilt. Aber hier handelt es sich eben von den ursprünglichen
hitel geyn Elementen der Religion. Der Theismus, die Theologie ist es gerade,
Gush die den Menschen aus dem Zusammenhange mit der Welt herausge—
he rissen, isolirt, zu einem hochmüthigen, über die Natur sich erhebenden
tuudil!h Ich und Wesen gemacht hat. Und erst auf diesem Standpunkte identificirt
m den sich die Religion mit der Theologie, mit dem Glauben an ein außer⸗ und
i Vo übernatürliches Wesen als das wahre, das göttliche Wesen. Ursprüng—
elln lich drückt aber die Religion gar nichts aus, als das Gefühl des Men—
m schen von seinem Zusammenhang, seinem Einssein mit der Natur oder Welt.
richen Ich habe in meinem Wesen des Christenthums ausgesprochen, daß
Sos die Geheimnisse der Religion nicht nur in der Anthropologie, sondern