doch ist erst mit der Entstellung, die mit der Jungfrau vorgeht,
wenn sie Mutter wird, wenn aus der romantischen Klosterzelle
des jungfräulichen Leibes die Anthropologie ihren Kopf hervor—
streckt, das Räthsel der Jungfräulichkeit gelöst, aber auch ihr
wahrer Sinn getroffen, ihr eigner, verborgener Wille erfüllt. Aber n
freilich gibt es genug Köpfe, für welche nie ein Räthsel gelöst
wird, weil sie in das Räthsel als solches verliebt sind, nicht die *
Enttäuschung vertragen können, die mit der Auflösung verbunden
ist, für welche daher heute noch ein ungelöstes Problem ein Ge—
genstand bodenlosen Speculirens, Disputirens und Conjecturi—
rens ist, was schon vor fast dreitausend Jahren die Poesie dem 8
Homer und zwar nicht mit der geschraubten Zweideutigkeit theo⸗ Fin
logischer Orakel, sondern im Sonnenlicht der Naturwahrheit dn
geoffenbart hat — daß nämlich das Geheimniß der Theologie die
Anthropologie ist.
Wenn der Naturtheologie oder Naturreligion der homerische 2
Held Odysseus, als Odv eine durch das vorschlagende d ge⸗
bildete Nebenform von duoeαα: „der Untertauchende, der Nieder⸗ u
fahrende, der in die Unterwelt Fahrende,“ der Frühlingsgott (Her⸗ in
mes⸗Odyseus v. K. W. Osterwald S. 141) oder als Oduαο, gn
der Zürnende (von döαοναν, odio habere), der Sonnengott in Vin
seiner zerstörenden Eigenschaft zur Zeit des Winters“ (Nork, Etym.
symb. myth. RWb. Ulysses), wenn desgleichen der Herakles mit
seinen zwölf Arbeiten ursprünglich kein Held oder Mensch, son—
dern der Sonnengott oder die Sonne in ihrem Laufe durch die
zwölf Zeichen des Thierkreises war; so war doch ebenso ursprüng— 3
lich der Naturreligion die Sonne nicht Sonne im Sinne der na— n
turwissenschaftlichen Anschauung, der sie ein unmenschlicher Kör—
per, oder im Sinne der Teleologie, der sie ein bloßes Licht und
Zeitmaaß zum Bedarf und Nutzen des Menschen ist, sondern als
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