Quantitative Gefügeanalyse zur Bestimmung von Formfaktoren,
Verteilungsgraden und anderen Gefügemerkmalen
(Zusammenfassung der beiden Vorträge: G. Ondracek, Meßhilfen bei der quantitativen
Gefügeanalyse von Kernbrennstoffen, und S. Nazare, G. Ondracek, F. Thümmler, Quantita-
tive Gefügeuntersuchungen zur Reaktionskinetik von instabilen Dispersionen)
GERHARD ONDRACEK
(Institut für Material- und Festkörperforschung, Kernforschungszentrum Karlsruhe)
1. Einleitung
Erfahrungsgemäß zeigen neue Verfahren bei ihrer Einführung Schwierigkeiten. Auch bei der
quantitativen elektronischen Bildanalyse wurde manche Erwartung durch das Gerät nicht
erfüllt, aber auch manche Möglichkeit der Methode durch mangelnde Sachkenntnis und
Erfahrung nicht voll ausgenutzt. Die Entwicklung verlief daher — wie sonst auch — zwischen
Begeisterung und Enttäuschung. Ihre grafische Darstellung, gemessen an den Veröffent-
lichungen bis zum Jahre 1969, ergibt sich aus Fig. 1. Inzwischen sind neue, verbesserte
Geräte hinzugekommen, was die Übernahme der Methode in anderen Disziplinen als
derjenigen der Werkstoffwissenschaften sicherlich begünstigen wird, zumal letztere bislang
dominierte (s. Fig. 1). Fig. 1 zeigt außerdem, daß bisher von den 3 Grundmeßarten
vorzugsweise jene der Flächenmessung angewendet wurde, während die Längen- bzw.
Punktmessung viel weniger eingesetzt worden sind.
Das Prinzip des Verfahrens ist mehrfach beschrieben worden * 9is 9, 24; 25 Es beruht auf
den stereologischen Prinzipien, die von A. Cauchy*> ?*, A. Delesse‘* u. a. mathematisch
formuliert worden sind,und unterscheidet Gefügebestandteile mittels ihrer Schwarz-Weiß-
Kontraste durch elektronische Abtastung. Dies jedoch soll nicht Gegenstand der vorliegen-
den Betrachtungen sein, die vielmehr einen Ein- und Überblick über die Anwendung der
Methode bei der Gefügeanalyse und zwar vorzugsweise am Beispiel von Kernbrennstoffen
vermitteln wollen. Dabei lassen sich drei Abschnitte unterscheiden, nämlich quantitative
Untersuchungen zur Gefügepräparation, zum stereometrischen Gefügeaufbau und zum
materialbedingten Gefügeaufbau.
2. Quantitative Gefügepräparation
Die „präparative Gefügeanalyse‘“ soll quantitative Aussagen über optimale Präparations-
bedingungen machen. Zu diesen gehört die Probenahme ebenso wie etwa das Schleifen,
Polieren und Kontrastieren (z. B. Ätzen) !? bis !*_ Quantitativ verfolgt wurde beispielsweise
der Einfluß der Polierbedingungen — Geschwindigkeit und Dauer auf die Schliffgüte von
metallischen, keramischen und Cermet-Gefügen'°>*°. Es zeigte sich bei Verbundstoffen,
daß das Produkt aus Poliergeschwindigkeit und -dauer einen charakteristischen Kurvenver-
lauf für die Schliffgüte bestimmt! >. Die zentrale Präparationsfrage für quantitative Gefüge-
untersuchungen ist jedoch diejenige nach dem Kontrast zwischen den verschiedenen
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