Apparative Voraussetzung für die automatische Ermittlung
von Gefügekenngrößen
NORBERT KLUGE, JERRY RZEZNIK
(Ernst Leitz GmbH, Wetzlar)
1. Einleitung
Zur Festlegung von Qualitätsmerkmalen bei metallischen Werkstoffen wurden bisher nur
qualitative oder halbqualitative (Richtreihen) Aussagen gemacht. Da diese Art von
Messungen subjektiven Einflüssen unterworfen ist, bestehen entsprechende Fehlermöglich-
keiten.
Theoretische Ansätze!; ?>» % zur quantitativen Gefügeanalyse stammen aus dem vorigen
Jahrhundert. Ihre praktische Anwendung im mikroskopischen Bereich wurde jedoch erst
durch die‘ Entwicklung von Zählokularen in den letzten Jahrzehnten ermöglicht. Zugleich
konnten auf Grund der dabei erworbenen Erfahrungen die theoretischen Grundlagen noch
erweitert werden. Diese bisher angewandten Verfahren waren vorwiegend für wissenschaft-
liche Aufgabenstellungen von Interesse, da sie wegen des erforderlichen hohen Zeitauf-
wandes für Routineuntersuchungen nicht geeignet waren.
Die Entwicklung vollautomatischer Geräte, die in der Lage sind, die früher mit dem Auge
ermittelten Größen in kürzester Zeit zu bestimmen, läßt diese Verfahren in Zukunft auch für
die Anwendung zur routinemäßigen Qualitätskontrolle geeignet erscheinen.
2. Meßmethoden
Zunächst war die Bildanalyse speziell im mikroskopischen Bereich vorwiegend qualitativer
Natur. M. Delesse' zeigte im vergangenen Jahrhundert, daß man unter der Voraussetzung
einer statistisch verteilten Anordnung der einzelnen Komponente in einer Probe aus ihren in
einer Schnittebene angetroffenen Querschnittflächen auf den Volumenanteil dieser Kompo-
nente schließen kann. A. Rosiwal® benutzte zur Bestimmung dieses Flächenanteils eine über
die Probe gelegte Geradenschar. A. Glagolev? nahm in diesem Jahrhundert eine weitere”
Vereinfachung vor, indem er über die zu untersuchende Struktur ein Punktnetz legte und alle
Punkte (Treffer) zählte, die in die zu untersuchende Komponente fielen.
Das Verhältnis von Trefferzahl zur Gesamtanzahl aller im Meßfeld vorhandenen Punkte war
dann bei statistischer Anordnung der Komponente gleich ihrem Flächenanteil bezogen auf
die Meßfeldfläche. A. Hennig (1956, 1958) zeigte, daß man aus der Anzahl der Sehnen eines
Liniensystems bekannter Längen in den Partikelquerschnitten auf deren Oberfläche
schließen kann.
Fig. 1 zeigt die verschiedenen Möglichkeiten zur Ermittlung quantitativer Meßgrößen auf
einem Anschliff, und Tabelle 1 gibt die zu ermittelnden Größen an*. In Tabelle 2 wird
gezeigt, welche abgeleiteten Größen zur quantitativen Kennzeichnung eines Gefüges aus den
nach den beschriebenen Verfahren ermittelten Werten bestimmt werden können.
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