Fig. 1 zeigt in vereinfachter Darstellung das Zweistoffsystem Eisen-Zementit, in das durch
vertikale Linien mögliche Durchschnittskohlenstoffgehalte für je einen übereutektoidischen
und einen ledeburitischen Stahl markiert sind. Die C-Gehalte der Ledeburitinseln im Bereich
der Konzentrationsmaxima des übereutektoidischen Stahles und die C-Gehalte der
Ledeburitbereiche des ledeburitischen Stahles entsprechen dem C-Gehalt des Punktes C. Im
Gegensatz zu den ledeburitischen Stählen können sich aber die übereutektoidischen Stähle
bei ausreichend hohen Temperaturen in einem karbidfreien y-Raum befinden. Diese Möglich-
keit wird in Fig. 1 durch den schraffierten Bereich angedeutet. Hieraus ergibt sich, daß die
Ledeburitbereiche der übereutektoidischen Stähle durch geeignete Glühbehandlungen zur
Auflösung gebracht werden können, wobei außerdem zu erwarten ist, daß durch den hierbei
entstehenden Ausgleich der Kristallseigerungen die Solidustemperatur zu vergleichsweise
höheren Temperaturen verschoben wird, wie dies im Bild durch den Pfeil vom Punkt C zum
Punkt 1 angedeutet ist.
Fig. 2 zeigt die Ergebnisse solcher Untersuchungen an einigen übereutektoidischen Stählen.
Die Aufschmelztemperaturen wurden sowohl für den geseigerten Zustand, der also dem
Gußzustand entspricht, als auch für den homogenisierten Zustand ermittelt, der durch lang-
zeitige Glühbehandlungen gegossener, 5 kg schwerer Probeblöckchen knapp unterhalb der
Aufschmelztemperatur derselben erzielt wurde. Die den Aufschmelztemperaturen ent-
sprechenden Solidustemperaturen dieser bekannten Kaltarbeitsstähle werden demnach durch
eine Homogenisierungsbehandlung zu höheren Temperaturen verschoben.
Bei genauer Kenntnis dieser Temperaturen kann zur Beseitigung der Ledeburitinseln eine
Glühtemperatur gewählt werden, die sogar höher als die Solidustemperatur für den geseiger-
ten Zustand liegt. Die hierbei zunächst erfolgenden Aufschmelzungen werden durch die
fortschreitende Homogenisierung, die ein Ansteigen dieser Temperatur zur Folge hat, wieder
beseitigt. Erst bei Überschreitung der Aufschmelztemperatur für den homogenisierten
Zustand sind bleibende Werkstoffschädigungen als Folge neuerlicher Aufschmelzungen zu
erwarten, die zur Neubildung von Ledeburitinseln führen können.
3. Schnellarbeitsstähle
Die Schnellarbeitsstähle werden zur Erzielung höchster Leistungen von Temperaturen
gehärtet, die im Bereich der Solidustemperaturen liegen. Das Erwärmen auf Härtetemperatur
erfolgt im allgemeinen in drei Stufen, wobei die Werkzeuge in der dritten Stufe in Salzbäder
während einer nach Sekunden bemessenen Zeit getaucht werden. Die sorgfältige Beachtung
der vorgeschriebenen Tauchzeiten ist notwendig, um Minderleistungen als Folge von Unter-
härtungen bei zu kurzen Tauchzeiten oder Werkstoffschädigungen durch Überzeiten oder
Aufschmelzungen als Folge zu langer Tauchzeiten zu vermeiden. Da vor allem beim Auf-
treten von Aufschmelzungen die Zähigkeit der Schnellarbeitsstähle sehr stark abnimmt”, ist
die Kenntnis der Aufschmelztemperatur für die Erstellung der Behandlungsvorschriften von
großem Interesse.
Für die Herstellung von Werkzeugen aus Schnellarbeitsstählen wird im allgemeinen warm-
verformtes Material verwendet. In Sonderfällen werden aber auch gegossene Werkzeuge, z. B.
präzisionsgegossene Fräser, mit Erfolg herangezogen“?
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