Untersuchung der Ausscheidungen eines höherfesten Baustahles mit geringem
Niobzusatz und ihr Einfluß auf einige mechanische Eigenschaften
GERHARD LANGENSCHEID, HANS-DIETER BARTHOLOT
(Hoesch Hüttenwerke AG, Dortmund)
1. Einleitung
Niobzusätze erhöhen in Baustählen teils durch Kornverfeinerung, teils durch Ausscheidungs-
härtung die Festigkeit! °i$ 3. Über die Bildung und das Wachstum der Ausscheidungen und
ihre Wirkung auf die mechanischen Eigenschaften in den verschiedenen Stadien ihres Wachs-
tums ist bisher wenig bekannt. Deshalb sollte in der vorliegenden Arbeit durch gezielte
Wärmebehandlungen die Ausscheidungskinetik der Teilchen und ihre Wirkung insbesondere
auf die Festigkeit und Zähigkeit des Stahles untersucht werden.
2. Versuchsdurchführung
Als Material wurde eine Schmelze verwendet, die in einem 1,8-t-Versuchsofen hergestellt, zur
Erzielung eines niedrigen Kohlenstoffgehaltes vakuumbehandelt und zu Warmband von
8 mm Dicke ausgewalzt worden war. Die Analyse dieses Stahles 1 zeigt Tabelle 1. Die
Gehalte an Kohlenstoff und Stickstoff betragen je 0,012 %, der Niobgehalt wurde auf 0,11 %
eingestellt. Der Mangangehalt entspricht mit 1,30 % dem eines Baustahles St 52. Der Stahl 2
enthält als Vergleichsstahl bei sonst nahezu gleicher Analyse weniger als 0,01 % Nb. Das
Warmband wurde 30 min bei 1250° C unter Luftabschluß homogenisierungsgeglüht und in
iew. %) einem Gemisch aus Wasser und Osmirol (50:50) abgekühlt. Diese Abkühlungsgeschwindigkeit
war langsamer als in Wasser und schneller als in Luft. Sie sollte einerseits die Entstehung
eines ausgesprochenen Abschreckgefüges verhindern und andererseits die Ausscheidung von
Niobkarbid bzw. -nitrid weitestgehend unterdrücken. Das Material wurde anschließend bei
Temperaturen von 500 bis 900° C bis zu 500h — wiederum unter Luftabschluß —
angelassen und an Luft abgekühlt.
Diese Proben wurden auf ihr Gefüge und auf ihre ausgeschiedenen Phasen hin untersucht.
Ferner wurden die Härte, Streckgrenze, Festigkeit und Dehnung sowie die Kerbschlagzähig-
keit und ihre Übergangstemperatur geprüft.
3. Ergebnisse
3.1. Untersuchung der Ausscheidungen
Fig. 1 zeigt die elektronenmikroskopischen Hellfeldaufnahmen von Proben, die bei 550° C
verschiedene Zeiten angelassen wurden. Im homogenisierten Zustand (Anlaßzeit 0) sind
Ausscheidungen nicht zu erkennen (Fig. 1a). Nach 43 min (Fig. 1b) kann man schwach die
Kontraste scheinbar stäbchenförmiger Teilchen feststellen. Nach 100h (Fig. 1c) wird
deutlich, daß es sich um plättchenförmige Ausscheidungen handelt. Sie sind so dünn, daß sie
— falls sie senkrecht zum einfallenden Elektronenstrahl stehen — keinen Kontrast ergeben
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