Untersuchung der Verteilung von Chrom und Mangan zwischen Ferrit
und Austenit mittels experimenteller Messungen und thermodynamischer
Berechnungen
GERNOT KIRCHNER, GÖRAN LARBO, BJÖRN UHRENIUS
(The Royal Institute of Technology, Stockholm, Schweden)
1. Einleitung
Zustandsschaubilder sind von grundlegender Bedeutung für den Metallurgen. Sie sind die
000 Basis für seine gesamte Arbeit und stellen ein Wissensgut ersten Ranges dar. Es ist daher
notwendig, diese essentielle Information
a) ökonomisch zu gewinnen und
‚en-borierten b)in einer unserer Zeit und unseren Mitteln gemäßen Art und Weise jedem einzelnen
ıng Interessierten zugänglich zu machen.
Die Möglichkeiten dazu sind durch neue experimentelle Methoden, thermodynamische
Betrachtungsweisen (mathematische Modelle) und die elektronische Datenverarbeitung im
hinreichenden Maße gegeben.
Wenn auch heute unsere Kenntnisse noch nicht ausreichen, um Zustandsschaubilder auf
Grund von „first principles‘“‘ zu berechnen, so ermöglicht die Thermodynamik doch, ternäre
und höhere Systeme mit Hilfe einer recht beschränkten — also mit relativ geringem Aufwand
gewonnenen — Anzahl von experimentellen Ergebnissen nicht nur bei jenen Temperaturen
und Konzentrationen, für welche Meßdaten vorliegen, sondern auch in allen dazwischen
liegenden Bereichen zu bestimmen (Interpolation). Am wesentlichsten ist aber wohl, daß die
Phasengrenzen mit Hilfe mathematischer Modelle in jene Gebiete analytisch extrapoliert
werden können, welche sich einer experimentellen Durchdringung entziehen*.
Die Thermodynamik ist also in solchen Fällen vor allem ein Mittel zur Forschungsökonomie,
aber auch kritische Instanz, da sie die Möglichkeit bietet, schon vorliegende Daten auf
Richtigkeit und Konsistenz hin zu überprüfen. Die mit ihrer Hilfe vollzogenen Inter- und
Extrapolationen sind objektiv und innerhalb eines gewissen gegebenen Rahmens frei von
Willkür.
Die moderne Datenverarbeitungstechnik gestattet nun, nicht nur solche thermodynamischen
Berechnungen! rasch und ökonomisch durchzuführen, sondern bietet auch die Möglichkeit,
die Resultate in komprimierter Form so zu speichern, daß sie für alle Interessenten jederzeit
zugänglich sind. Auf Grund dieser Überlegungen sind an unserem Institut mathematische
Modelle für die Berechnung von binären, ternären und quaternären Zustandsschaubildern
aufgestellt worden. Die Grundlagen dazu wurden von M. Hillert* zusammengestellt.
Die Funktionsweise und Qualität solcher mathematischer Modelle läßt sich nur anhand
zuverlässiger, experimentell bestimmter Daten studieren, Die in der Literatur gegebenen
‘ In diesem Zusammenhang sei als Beispiel angeführt, daß der mittlere Diffusionsabstand für die
Selbstdiffusion von Eisen in Austenit bei 600 °C und einer Wärmebehandlungsdauer von zwei Jahren
nur ca. 0,3 um beträgt.
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