METALLOGRAPHISCHE UNTERSUCHUNGEN ZUM VERSTÄNDNIS VON METALL-KERAMIK-
GRENZFLÄCHEN
G. Elssner, L.S. Wen* und G. Petzow
Max-Planck-Institut für Metallforschung, Stuttgart
*Institute of Metal Research, Academia Sinica, Shenyang, China
1. EINLEITUNG
Stoffschlüssige Materialverbindungen an Metall und Keramik mit hoher
Grenzflächenfestigkeit werden heute in der Werkstofftechnik für Anwen-
dungen im Raum- und Hochtemperaturbereich benötigt. Im Turbinenbau
werden Verbindungen zwischen Siliziumnitrid- oder Siliziumkarbidkeramik
und Bauelementen aus Metall erprobt. Plasmagespritzte Oxidschichten auf
Superlegierungen dienen als Wärmebarrieren und Korrosionsschutz für
Bauteile des Dieselmotors. Bei der Natrium-Schwefel-Batterie ist eine
direkte Verbindung zwischen Aluminiumoxid und Stahl erforderlich. Zir-
koniumoxid und andere Keramiken müssen in Hochtemperatur-Wasserstoff-
elektrolyse-Apparaturen über Edelmetallfolien miteinander vereinigt
werden. Eine gute Haftung zwischen Keramik und Metall ermöglicht die
Herstellung metallkeramischer Formkörper, die als Zahnersatz in der
Dentaltechnik eingesetzt werden. Über die genannten Beispiele hinaus
finden Metall-Keramik-Verbindungen Anwendung in der Halbleitertechnik,
der Hochvakuumtechnik, der Medizintechnik und beim Fügen von Verbund-
werkstoffen.
Trotz der großen Anstrengungen bei der Entwicklung dieser Art von Mate-
rialverbindungen liegen detaillierte Kenntnisse über den Aufbau der
Grenzflächen und über die Art der Bindung zwischen Metall und Keramik
nicht vor. Ein geeigneter Ausgangspunkt für die Untersuchung von Me-
tall-Keramik-Grenzflichen ist die Gefligebetrachtung. Wie Bild 1 ver-
deutlichen soll, kann sie durch andere Untersuchungsmethoden wirkungs-
voll ergänzt werden, mit denen chemische Vorgänge in der Bindezone
verfolgt werden, die zur Aufklärung des atomistischen Aufbaus der
Grenzfläche dienen oder die zur Beschreibung der mechanischen Bean-
spruchung und des zusammenhalts des Verbunds eingesetzt werden. Bei
der Anwendung durchstrahlungselektronenmikroskopischer Verfahren stos-
sen Gefügeuntersuchungen bis in die atomaren Bereiche vor. Anreiche-
rungen von grenzflächenaktiven Atomen und ihre Bindungsart können mit
den modernen Methoden der Oberflächenanalyse ermittelt werden. Mit
Hilfe der Verfahren der konventionellen und hochauflösenden Durch-
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