GEFUGEAUFBAU UND EIGENSCHAFTEN VON GUSSEISEN MIT VERMICULARGRAPHIT
Erich Nechtelberger und Benno Lux
ungs- ; |
Mitteilung aus dem Oesterreichischen Giesserei-Institut in Leoben und dem Institut
en für chemische Technologie anorganischer Stoffe der Technischen Universität Wien.
Zusammenfassung
Nach einem kurzen Überblick über die etwa 15-jährige Entwicklungsgeschichte des
Gußeisens mit Vermiculargraphit werden Wachstum und Morphologie des Vermicular-
graphits näher erläutert.
Jedes Vermiculargraohitteilchen entsteht, wie beim Kucelgraphit, durch einen
eigenen Keirvorgang. Während der entarteten eutektischen Kristallisation umgibt
sich der Graphit mit einer Austenithiille; die Graphitenden bleiben jedoch mit der
Schmelze in Kontakt. Dadurch erfolgt das Léncenwachstum schneller als das Dicken-
wachstum. Im Verlauf des Wachstums überholt der Austenit den Gravhit und es kommt
4), zur vermicularen Abruncung der Gravhitenden. Das Auftreten von festen, meist etwas
verzweigten Austenithiilsen filhrt zur asymmetrischen, wurmdhnlichen Graphitausbil-
dung.
Diese Theorie wird durch metallographische, insbesondere rasterelektronenmikrosko-
vische Untersuchungsbefunde sowie durch Zicenschaftsvergleiche mit GuBeisen mit La-
mellengraphit und GuBeisen mit Kugelgranhit gestützt. Dabei wird auch die Abgren-
zung zu den anderen Gravhitformen der in der Praxis verwendeten Gußwerkstoffe deut-
lich.
Zum Schluß wird auf die durch die vermiculare Graphitausbildung erzielbaren
interessanten Werkstoffeigenschaften und die heutigen Anwendungsgebiete dieses
GuBeisens hingewiesen.
1. Einleitung
Gusseisen mit Vermiculargranhit ist ein relativ junger GuSeisenwerkstoff der erst
in den letzten Jahren für ganz bestimmte Anwendungsfälle?) 8) zunehmend in den
Blickpunkt des Interesses gezogen wurde, obwohl gezielte Herstellverfahren schon
seit den Sechzigerjahren zur Verfügung stehen?) 10)
Der Vermiculargraphit selbst (Bild 1) ist seit der Einführung des Kugelgraphits im
Jahre 1948 bekannt. Anteile von Vermiculargraphit galten bei der Produktion von GuB-
eisen mit Kugelgrarhit als unerwünschte, die Eigenschaften verschlechternde Graphit-
form. Ihr Auftreten deutete auf die Anwesenheit von die Xugelgraphitausbildung
hemmenden Störelementen (Titan), auf ungenüvgende oder auf infolge zu lancer Absteh-
zeit der Schmelze bereits im Abklingen befindliche Maonesiumbehandlung des flüssi-
gen Bisens!1) 12) oder auf mangelhafte Gramhitausbildung im Kern dickwandiger Teile
aus Gußeisen mit Kugelgraphit!?) 19) Im Rahmen von intensiven Forschungsarbeiten,
die zu umschmelzbeständigem Gußeisen mit Kugelgraphit führen sollten, befaßte sich
das Österreichische Giesserei-Institut in den Sechzigerjahren mit dem Einfluß von
Seltenerdmetallen auf Gußeisenschmelzen. Dabei konnte ein sicheres Verfahren zur
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