Full text: Fortschritte in der Metallographie

262 Prakt. Met. Sonderband 41 (2009) 
Bild 3: Zementit-Ausscheidungen im 22MnB5 nach dem Anlassen bei a) 250°C / 3600s, b) 350°C / 600s. 
[11]. Ein Anlassen bei 350°C führt zu einer Zunahme von Anzahl und Größe der ausgeschiedenen 
Zementit-Teilchen. Bild 3b ist zu entnehmen, dass die gröberen Teilchen sich nun bevorzugt auf 
Martensit-Korngrenzen oder auch auf ehemaligen Austenit-Korngrenzen bilden (bessere Diffusi- 
onsbedingungen). Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass mit steigender Anlasstemperatur die An- 
zahl an mobilen Versetzungen infolge von Erholungsprozessen abnimmt. Für die mechanischen Ei- 
genschaften bedeutet dies, dass folglich weniger Wechselwirkungen zwischen Versetzungen sowie 
zwischen Versetzungen und Teilchen zu erwarten sind, was zu einem Rückgang sowohl der Festig- 
keit als auch der Fähigkeit des Gefüges zur Verformungsverfestigung führt (Bild 1). Der gleichzei- 
tige Rückgang der Bruchdehnung deutet auf eine während des Anlassens stattgefundene duktile 
Form der Anlassversprödung hin. Auslöser hierfür können die in der zweiten Anlassstufe über die 
Restaustenit-Umwandlung gebildeten Zementit-Ausscheidungen sein, wobei grundsätzlich auch der 
Phosphorgehalt eines Stahls diese Art der Versprödung fördert [12,13,14]. 
3.3 22MnB5 angelassen bei 460 und 520°C 
Nach dem Anlassen bei 460 und 520°C weisen die Spannungs-Dehnungs-Verläufe im Zugversuch 
eine grundsätzlich andere Gestalt auf als nach dem Anlassen bei niedrigeren Temperaturen (Bild 1). 
Abgesehen von dem sehr ausgeprägten Rückgang der Festigkeit gegenüber dem gehärteten Zustand 
besteht eine weitere Besonderheit im Vorhandensein einer breit und flach ausgebildeten Zone der 
Lüdersverformung. Zudem zeigt das Gefüge im Zugversuch nahezu keine Fähigkeit mehr zur Ver- 
formungsverfestigung. Diese Änderungen im mechanischen Verhalten sind auf folgende im REM 
beobachteten Modifikationen der Gefügestruktur zurückzuführen (Bild 4): An den Korngrenzen 
setzt infolge der hohen Anlasstemperaturen eine Vergröberung der Zementit-Teilchen ein. Gleich- 
zeitig sinkt der C-Gehalt des martensitischen Grundgefüges auf ein Minimum, so dass der nun nicht 
mehr an Kohlenstoff übersättigte Martensit in Ferrit umwandelt. Das so entstandene ferritische 
Gefüge weist eine eher globulitische Gestalt auf und ist sehr feinkörnig. Die typische Korngröße 
beträgt ca. 2 um und weniger. Zusätzlich ist davon auszugehen, dass infolge von Erholung- 
sprozessen die Versetzungsdichte stark abgenommen hat. Folglich werden hohe mechanische Span- 
nungen benötigt, um eine ausreichende Anzahl an bewegungsfähigen Versetzungen zur Ermögli- 
chung einer signifikanten plastischen Verformung zu erzeugen. Letztere können sich dann über- 
wiegend ungehindert durch das jeweilige Korn bewegen (hohe Lüdersdehnung, vernachlässigbare 
Verformungsverfestigung). Die mechanische Instabilität setzt teilweise bereits innerhalb der 
Lüdersverformung
	        
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