Full text: Fortschritte in der Metallographie

Prakt. Met. Sonderband 41 (2009) 29 
3.5 Fraktographie 
Die Bruchflächen waren auf Grund der Liegezeit im Freien nach dem Schadenseintritt schon zu 
einem gewissen Grad korrodiert. Um eine fraktographische Analyse zu ermöglichen, mussten die 
Bruchflächen jeweils mit verdünnter Zitronensäure gereinigt werden. Es gelang damit, die Rost- 
schichten weitgehend zu entfernen, ohne die Feinstruktur der Bruchflächen unkenntlich zu machen. 
Die Bruchflächen wurden anschließend visuell, im Stereomikroskop und im Rasterelektronenmik- 
roskop (REM) untersucht. 
Hinweise auf Schwingbruch wurden nicht gefunden. Alle untersuchten Bruchflächen zeigen Ge- 
waltbrüche. Diese sind größtenteils im Bereich von Knotenblechen, d.h. an Nietlöchern, aufgetre- 
ten. Sprödbruchbereiche treten an allen untersuchten Bruchflächen auf, unabhängig vom Baujahr 
und von der Stahlqualität, d.h. an Bauteilen von 1951, 1960 (St 37.12) und 1991 (St 52-3). Bei letz- 
terem ist der Sprödbruchanteil gering und befindet sich nur im Eckbereich des Profils. Bei den 
Bruchflächen von 1951 und 1960 sind die Sprödbruchanteile größer und umfassen teilweise fast die 
gesamte Bruchfläche, Bild 5. 
Die Bruchflächen der Bauteilversuche, die die geringsten Bruchkräfte aufwiesen, gleichen 
makroskopisch mit Abstand am besten den vorgefundenen Brüchen von Diagonalen mit hohen 
Sprödbruchanteilen. 
4 Zusammenfassung 
)-Achse senk- 
Die hier auszugsweise vorgestellte Untersuchung befasste sich mit der Frage, ob neben dem Unwet- 
ter weitere Faktoren zum Versagen von Strommasten gefiihrt haben. Hierzu wurden umfangreiche 
Werkstoffuntersuchungen, Zugversuche an Originalbauteilen, Abschitzungen zu den tatsächlichen 
Einwirkungen, statische Analysen sowie eingehende Bewertungen anhand Voruntersuchungen, Li- 
teratur und Regelwerken durchgefiihrt. 
Einige der untersuchten Bauteile waren aus dem sog. Thomas-Stahl gefertigt. Von diesen waren 
manche so versprodet, dass sie die nach Norm geforderten Mindest-Bruchkräfte deutlich unter- 
schritten haben. 
Aus einer umfangreichen Dokumentation der schadhaften Stromkreise wurden die herrschenden 
Streckenlasten auf den Leiterseilen abgeleitet. Sie iiberstiegen die in der damaligen, aber auch in der 
aktuellen Errichtungsnorm angegebenen Streckenlasten erheblich. Mittels statischer Analysen an 
einem Winkelabspann- und einem Tragmast konnte bestätigt werden, dass die untersuchten Masten 
die damalige Errichtungsnorm erfüllen. Aus den abgeleiteten Laststellungen und Streckenlasten mit 
einseitigen und feldweise ungleichen Schneewalzen wurde der so genannte Versagenslastfall entwi- 
ckelt, mit dem einerseits die kurz vor dem Versagen des Masts wirkenden Bauteilkräfte und ande- 
rerseits - durch Vergleich mit den experimentell ermittelten Bruchkräften - das Primärversagen des 
ersten Bauteils lokalisiert werden konnte. Der Primärbruch trat an einer zugbelasteten, durch Ver- 
sprödung geschwächten Diagonale aus Thomas-Stahl auf. 
Als Schadensursache kann für den untersuchten Freileitungsabschnitt eine Kombination aus unwet- 
terbedingten Nassschneewalzen, feldweise ungleicher und einseitiger Belegung der Leiterseile, 
Bauteile aus Thomas-Stahl und deren teilweise Versprödung angegeben werden. Wäre einer dieser 
Faktoren nicht aufgetreten, so wäre dieser Freileitungsabschnitt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit 
trotz des Unwetters unbeschädigt geblieben. 
FegN. REM.
	        
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