Full text: Fortschritte in der Metallographie

A 
Die Proben, die bei tiefen Temperaturen wenig oberhalb der eutektischen Temperatur im Zweipha- 
sengebiet gehalten werden (Abkühlkurvenform THT), zeigen nach der Abschreckung im Wasserbad 
grobe Dendriten, die von Eutektikum umgeben sind (Bild 2, unten). Aus dem geringen Anteil von 
Restschmelze bilden sich auch bei schnellem Abschrecken keine feinen Dendriten aus. Der bis zum 
Erreichen der Haltetemperatur gebildete Festkörper vergröbert während des isothermen Haltens 
hauptsächlich durch Koaleszenz, wie die Einschlüsse in den Schliffbildern zeigen, sowie durch Ein- 
formung durch Umlösung. Der der Ostwald-Reifung entsprechende Mechanismus (Wachstum gro- 
ßer Teilchen auf Kosten kleiner) trägt nicht wesentlich zur Vergröberung bei. Auch bei dieser Form 
der Abkühlkurve lassen sich spätestens für Erstarrungszeiten größer als 1000 s nur noch schwer 
Dendritenarme erkennen. Nach kurzen isothermen Haltezeiten sind im Rückstreuelektronenbild 
deutliche Seigerungen als unterschiedlich helle Bereiche innerhalb des Mischkristalls zu sehen. Die- 
se Helligkeitsunterschiede schwächen sich nach langer Haltedauer stark ab, was qualitativ die Ho- 
mogenisierung des Festkörpers während des isothermen Haltens belegt. 
Die Proben, die mit konstanter Geschwindigkeit im Ofenrohr abgesenkt wurden (Abkühlkurven- 
form LIN), zeigen auch für große Erstarrungszeiten noch teilweise ein dendritisches Gefüge, bei 
dem es möglich ist, Dendritenarmabstände zu messen (Bild 2, Mitte). Im Vergleich zu den Proben, 
die mit der Abkühlkurvenform THT erstarrt werden, spielt die Koaleszenz von Dendritenarmen nur 
eine untergeordnete Rolle. Die eutektischen Bereiche erscheinen stärker vernetzt und besitzen einen 
größeren Volumenanteil als bei Proben der Abkühlkurvenform THT. 
Quantitative Gefügecharakterisierung 
Dieser schon qualitativ eindeutig vorhandene Einfluß der Abkühlkurve auf die Mikrostruktur wird 
im folgenden auch quantitativ überprüft. 
Die Längenskala dendritischer Gefüge wird in der Literatur hauptsächlich anhand des Dendriten- 
armabstandes A, beschrieben. Dieser Parameter ist direkt aus Schliffbildern zugänglich, indem man 
über die Länge eines in Längsrichtung geschnittenen Primärdendriten durch einfaches Zählen die 
Anzahl der sekundären Dendritenarme bestimmt (8). Einige Autoren (9, 10) verwenden zur Gefüge- 
charakterisierung die Grenzflächendichte Sv, die ein Maß für die Grenzflächenenergie des Systems 
ist und mit fortschreitender Vergröberung stetig abnimmt. Die mittlere Sehnenlänge L_ der Primär- 
phase verhält sich umgekehrt proportional zur Grenzflächendichte und wird aus der Fläche F und 
der Umfangslänge U der Schnittflächen der Primärphase ermittelt. 
— 4 F 
E Sv n U D 
Eine weitere Möglichkeit, Gefüge quantitativ zu charakterisieren, besteht in der Anwendung und 
Auswertung von Skelettierungsalgorithmen. Unter der Skelettierung eines Gefügebildes versteht 
man das Ausdünnen der detektierten Phase bis auf eine Linie. Verzweigungen und Kontinuität der 
Phase bleiben dabei erhalten. Die gesamte Linienlänge des Skeletts beschreibt den Grad des Zu- 
sammenhängens einer Phase. Ein in dieser Arbeit neu entwickelter Längenparameter ist der lineare 
mittlere Skelettabstand A. Er errechnet sich aus dem Verhältnis der Fläche der Primärphase F zu 
der Linienlänge des Skeletts S der Primärphase: 
— TF 
A 3.8 (2) 
In Bild 4 ist an ausgewählten geometrischen Figuren (hellgraue Flächen) das Resultat der Skelett- 
bildung (schwarze Linien) dargestellt, wie es mit Hilfe eines halbautomatischen Gefügeanalysators 
(Quantimet 500) erzeugt wurde. Die Figuren sind typischen Schnittflächen der Primärphase nach- 
+02
	        
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