Auf Grund der im nm-Bereich beginnenden Ausscheidung und des Partikelwachstums bzw. der Ver-
gröberung bis maximal 600 nm im Durchmesser sind die lichtmikroskopischen Abbildeverfahren nicht
mehr zur Datenerfassung einsetzbar. Das Rasterelektronenmikroskop (REM) bietet einen guten
Anschluß zur Abbildung mit anschließender automatischer Bildanalyse (Programm IMAGE C -
MATAN) [4, 51.
Die folgenden Gefügedaten können erhalten werden (Vergrößerung V = 10 000: 1):
L,- die spezifische Phasengrenzlinienlänge / mm‘; sie berandet die angeschnittene Fläche eines
Partikelvolumens,
Sy= 4m * L./mm” - die spezifische Phasengrenzfläche zwischen Partikel der zweiten Phase und
Matrix,
fs - Volumenanteil der Karbidphase / %,
dp = 4fg/Sy/nm bzw. um; daraus r = d, /2 - Partikelradius,
np- Partikeldichte / mm *; Anzahl der Teilchen pro Einheitsfläche
Jeder Meßpunkt in den nachfolgenden Verläufen stellt einen Probenzustand nach einer bestimmten
Auslagerungsdauer t dar und ist bei gleicher Probenabmessung und gleicher Wärmebehandlung
(gleicher und geschwindigkeitsrelevanter Wärmeeintrag!) reproduzierbar.
3. Ergebnisse
3.1 Karbidpartikelausscheidung mit anschließender Vergröberung
Unter Karbidpartikelausscheidung werden im allgemeinen die Stadien der Keimbildung und des Par-
tikelwachstums gemäß r - t*? verstanden [6, 7, 8, 9].
Die Vergröberung verläuft gemäß der häufig beobachteten Ostwald-Reifung mit r - t!® [6, 7, 8].
Im Bild 1 ist der Verlauf der Koerzitivfeldstärke H£ vs. Zeit t für die Auslagerung des Vergütungs-
stahles 30CrMoV9 dargestellt. Die Schwankungen bei T = 600 °C bis t = 100 min und bei T = 650 °C
bis t = 30 min sind den ablaufenden Ausscheidungs- und beginnenden Vergröberungsvorgängen von
M;C-Karbidpartikeln (letztere beit > 8....10 min) zuzuordnen. Danach dominiert die Vergröberung.
(Die doppelte Belegung von Meßpunkten über der Zeit t gibt die Reproduzierbarkeit der Messungen
an.) Jede Erhöhung von H- muß zunächst als Ausscheidungsvorgang, mit zunehmender Behinderung
der Blochwandbewegung durch Partikel etwa gleichgroßer Abmessung, angenommen werden [10].
Für T = 650 °C wurden die Dispersionszustände der deutlich ausgeprägten Maxima sowie das Ver-
gröberungsstadium bezüglich des mittleren Partikelradius r, der spezifischen Phasengrenzfläche S,, und
der Partikeldichte np ausgewertet. Dabei ist r von S, abhängig, wird aber durch den jeweiligen Volu-
menanteil fg mit beeinflußt.Die Partikeldichte n, ist eine von Sy und r unabhängige Größe.
So ergibt sich aus r vs. t, daß die Abnahme von r (d,) dem Ausscheidungsvorgang entspricht, z.B. bei
t = 9,25 min, 12 min und 70 min. Die einsetzende Ausscheidung neuer, kleiner Partikel verringert r.
Die Zunahme von r, so z.B. bei t = 9.25.....11 min. 70.....80 min und 100.....200 min bedeutet
Vergröberung.
Die Änderung der spezifischen Phasengrenzfläche S,, verläuft reziprok. Alle Ausscheidungsvorgänge
vergrößern S,,, während die Vergröberungsvorgänge den Grenzflächenanteil abbauen.
Die Partikeldichte np reagiert ebenfalls auf diese beiden Vorgänge und korreliert ziemlich gut mit Sy.
Eindeutig werden die Ausscheidungsvorgänge in der 1. bis 2. Minute, bei t = 11....12 min, bei t =
15....17 min und im dominierenden Vergröberungsstadium bei t = 70 min wiedergegeben.
Die Auswertung der Bilder 2a bis 2f ergab, daß sich die Vorgänge auch überlagern können (wie in Bild
1 eingetragen). Zunächst erscheinen grenzflächenorientierte Karbidbänder, die auch relativ schnell
vergröbern. Nach jeder Zeit, die in Bild 2 einen Zustand wiedergibt, erscheinen kleine Partikel. Hier soll
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