Prakt. Met. Sonderband 30 (1999) 165
Beitrag zur Quantifizierung der Entwicklung betriebsbedingter Ausscheidungen in neuen
9 bis 12% Cr-Stählen am Beispiel G-X12CrMoWVNbN-10-1-1
P. Hofer', H. Cerjak', P. Warbichler?
"Institut fiir Werkstoffkunde, Schweißtechnik und Spanlose Formgebungsverfahren, TU Graz
*Forschungsinstitut fiir Elektronenmikroskopie, TU Graz, Osterreich
1. Einleitung
Die Kenntnis des Ausscheidungszustandes in Abhingigkeit von Temperatur, Zeit und mechanischer
Belastung ist fiir die Vorhersage der Kriecheigenschaften der 9-12% Cr-Stihle von entscheidender
Bedeutung. Vorhergehende intensive elektronenmikroskopische Untersuchungen, durchgefiihrt an
Kriechproben aus dem martensitischen Stahlguf G-X12CrMoW VNDBN-10-1-1, zeigten, dal es sich
bei den untersuchten Ausscheidungen nicht um eine Population eines Typs von Ausscheidungen
handelt, sondern um verschiedene Ausscheidungstypen (1). Diese unterscheiden sich im Zeitpunkt
ihres Auftretens, in ihrer Position im Gefüge, in ihrer Größe bzw. Wachstumsgeschwindigkeit und
damit in ihrem Einfluß auf die Kriecheigenschaften. Sie können direkte Wechselwirkung mit freien
Versetzungen zeigen, also teilchenverfestigend wirken, können vorwiegend an Subkorngrenzen
positioniert sein und diese stabilisieren, können aber auch durch ihr starkes Wachstum und
Vergröbern die Matrix an verschiedenen Elementen verarmen (1, 4). Um nun Aufschluß über den
jeweiligen Einfluß zu bekommen, den eine Ausscheidungspopulation auf das Verhalten des
Werkstoffs während einer rein thermischen bzw. Kriechbelastung hat, bedarf es einer
Quantifizierung des Ausscheidungszustandes. In dieser Arbeit wird am Beispiel von ausgelagerten
Proben mit Auslagerungszeiten bis 33000 h bei 600°C aus dem Stahlguß
G-X12CrMoWVNbN-10-1-1 ein Vorgehen zur Quantifizierung des Ausscheidungszustandes
vorgestellt.
Die chemische Zusammensetzung des untersuchten Materials ist in Tabelle 1 gegeben (2).
C Cr [Mo | V Ww Nb B N
105 [1,03 0,066 | - 0,049
Tabelle 1: Chemische Analyse des untersuchten Werkstoffes G-X12CrMoWVNbN-10-1-1
2. Quantifizierung des Ausscheidungszustandes
2.1 Quantifizierung des Ausscheidungszustandes mittels TEM-Hellfeldabbildungen
Zu diesem Zweck wurde eine Reihe von TEM Hellfeldaufnahmen mit Vergrößerungen von 11400x
und 45000x hinsichtlich ihres Ausscheidungszustandes quantitativ ausgewertet. Der Einfluß der
Bildvergrößerung wurde in (3) dargestellt. Kleinere Vergrößerungen (11400x) wurden verwendet,
um bei langzeitig ausgelagerten Proben den stark vergröberten Ausscheidungszustand darzustellen.
Zur Quantifizierung wurden die im Hellfeldbild sichtbaren Ausscheidungen manuell nachgezeichnet
und mit einem Bildanalysesystem vermessen. Das grundsätzliche Prinzip ist in Bild 1 dargestellt. Es
zeigt links das Hellfeldbild und rechts die nachgezeichneten Ausscheidungen in einer 33410 h bei
600°C ausgelagerten Probe. Die bei dieser Probe gemessene Größenverteilung der Ausscheidungen,
basierend auf den in Bild 1 gezeigten TEM Hellfeldaufnahmen, ist in Bild 2 dargestellt.
Als Parameter zur Beschreibung der Teilchengröße diente der dquivalente Teilchendurchmesser Ds,
das ist der Durchmesser eines der vermessenen Fläche flächengleichen Kreises.