324 Prakt. Met. Sonderband 30 (1999)
4 Zusammenfassung
Das Umwandlungsverhalten von hochlegierten Stählen ist primär durch die bei Austenitisierungs-
temperatur gegebene chemische Zusammensetzung der Matrix bestimmt. Diese kann mit Hilfe
thermodynamischer Datenbanken und geeigneter Software in guter Übereinstimmung mit gemesse-
nen Werten aus der Schmelzenanalyse berechnet werden.
Die multiple lineare Regressionsanalyse mit den berechneten Elementgehalten bei Austeniti-
sierungstemperatur als unabhängigen Variablen zeigt zufriedenstellende Übereinstimmung zwi-
schen den so berechneten und gemessenen Ms-Temperaturen und tgs-Zeiten fiir den Beginn der
Perlitumwandlung. Die in der Literatur für un- und niedriglegierte Baustähle angegebenen Formeln
zur Berechnung der Ms-Temperatur erweisen sich für die Anwendung auf hochlegierte Werkstoffe
als ungeeignet.
Die Berechnung der Ms-Temperatur aus den thermodynamischen Groen 7 und T* gibt für un- und
niedriglegierte Stihle mit Kohlenstoffgehalten bis 1.0 Masse-% und konstanter Aktivierungsenergie
AGy.o=16001] mol gute Ubereinstimmung. Bei den hochlegierten Stihlen ist die Schwellenenergie
zur Martensitumwandlung AG, eine Funktion der chemischen Zusammensetzung, da die einzelnen
Elemente aufgrund ihrer unterschiedlichen Atomradien Verzerrungsenergie einbringen und die Ak-
tivierungsenergie zur Martensitbildung erhdhen. Aus den experimentellen Daten konnen die Koeffi-
zienten zur Beschreibung von AG,., mittels eines linearen Superpositionsansatzes ermittelt werden.
Die daraus errechneten Ms-Temperaturen stimmen gut mit den gemessenen Werten überein (Stan-
dardabweichung: +24). Eine weitere Verbesserung der Vorhersagegenauigkeit sollte möglich sein,
wenn die Wiederauflösungs- und Ausscheidungskinetik der vorkommenden Karbide beim Austeni-
tisieren und Abkühlen genauso wie die Austenitkorngröße mitberücksichtigt werden und eine ge-
nauere (nichtlineare) Beschreibung der Schwellenenergie AG, in Abhängigkeit vom der chemi-
schen Zusammensetzung der Matrix verfügbar ist.