Prakt. Met. Sonderband 30 (1999) 351
Gefügeänderungen beim Anlassen von stabilisiertem Martensit in NiTi-Legierungen
Dirk Wurzel, Erhard Hornbogen
Lehrstuhl Werkstoffwissenschaft, Institut für Werkstoffe, Ruhr Universität Bochum,
D-44780 Bochum
1 Einleitung
Die Formgedächtniseffekte beruhen auf einer kristallographisch reversiblen, martensitischen Um-
wandlung des Austenits (Hochtemperaturphase) in den Martensit (Tieftemperaturphase). Hierbei
kann die Phasenumwandlung einerseits durch die Temperatur und andererseits durch eine mechani-
sche Spannung ausgelöst werden. Die in dieser Arbeit interessierenden Effekte sind die Pseudoela-
stizitdt (PE) und die —plastizitit (PP). Bei der PE induziert eine mechanische Spannung eine Um-
wandlung des thermisch stabilen Austenits in den Martensit. Während der Umwandlung bleibt die
Spannung nahezu konstant. Der so gebildete Martensit verformt sich bei weiterer Belastung zu-
nächst elastisch und schließlich plastisch. Wird eine Probe oder ein Bauteil vor der plastischen Ver-
formung entlastet, kommt es zu einer Rückumwandlung in den Austenit. Hierbei zeigt sich das
Rückumwandlungsplateau in Form einer Hysterese auf einem niedrigeren Spannungsniveau als das
der Hinumwandlung. Da im Gegensatz zur PE bei der PP ein thermisch nicht stabiler Austenit
spannungsinduziert umwandelt, bzw. ein Martensit entzwillingt, bleibt nach Entlastung eine schein-
bar plastische Verformung erhalten. Wird dieser Zustand in das Austenitgebiet erwärmt (T>A(), so
kommt es zur Formerinnerung [1].
Pseudoelastizität (PE) Pseudoplastizität (PP)
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Bild 1: Darstellung der Pseudoelastizitit und der Pseudoplastizitdt im Spannungs-
Dehnungs-Temperaturraum
In dieser Arbeit wird der Einfluß zunehmender Verformung des Martensits auf die Mikrostruktur,
die Formgedächtniseigenschaften und das konventionelle Werkstoffverhalten untersucht.
Die maximal verformten Zustände zweier binärer NiTi-Legierungen (50,2 und 50,7 at% Ni) werden
bei unterschiedlichen Anlaßtemperaturen und -zeiten wärmebehandelt. Eine Charakterisierung die-
ser Zustände erfolgte mit Hilfe von metallographischen Verfahren, Zugversuchen sowie mit kalori-
metrischen Methoden (DSC).
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