Mikrocharakterisierung von Hochleistungskeramiken mittels Rasterkraft-
mikroskop
P. Obenaus, Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Sinterwerkstoffe, IKTS Dresden
Einleitung
Die Eigenschaften von Hochleistungskeramiken werden durch die Kristallitstruktur und die Korn-
grenzen entscheidend beeinflußt. Die Entwicklung geht zu immer kleineren Kristallitgrößen bis in
den Submikro- und Nanometerbereich. Erhöhung der Härte und Festigkeit, Verbesserung des Ver-
schleißverhaltens und des Hochtemperaturverhaltens sind damit verbunden.
Vor dem Hintergrund der Entwicklung von Werkstoffen mit immer kleineren Kristallitgrößen und
Verbundkeramiken mit nanokristallinen Einlagerungen werden an die Mikroskope und Methoden
zur Charakterisierung der Werkstoffe höhere Anforderungen gestellt. Die Auflösungsgrenze der
Lichtmikroskopie und normalen Rasterelektronenmikroskopie ist nicht mehr ausreichend.
Das Rasterkraftmikroskop (AFM) bietet hier durch das hohe laterale und gleichzeitig hohe vertikale
Auflösungsvermögen neue Möglichkeiten. Am Beispiel thermisch geätzter Oxidkeramiken wurde
von verschiedenen Autoren (1 und 2) gezeigt, daß das AFM zur Abbildung der Korngrenzen und
damit der Kristallitstruktur hervorragend geeignet ist. Die erfolgreiche Nutzung des AFM auch für
andere keramische Materialsysteme ist entscheidend von der Beherrschung der Oberflächenpräpara-
tion abhängig. Durch die Möglichkeit höchster Auflösungsempfindlichkeit insbesondere in z-
Richtung besteht die Chance bereits durch schwachen Ätzangriff kleinste Gefügestrukturen sichtbar
zu machen.
Im vorliegenden Beitrag wird für weitere Beispiele von Keramikwerkstoffen gezeigt, daß es durch
Optimierung der Parameter unterschiedlicher keramografischer Ätzverfahren gelingt, die Gefüge
insbesondere mit Strukturen im Submikro- und Nanometerbereich mittels Rasterkraftmikroskop ab-
zubilden.
Versuchswerkstoffe und experimentelle Verfahren
Für die Untersuchungen wurden verschiedene nitridische, carbidische und oxidische Hochlei-
stungskeramiken ausgewählt. Die keramografische Präparation erfolgte über mehrstufiges Diamant-
schleifen und -Polieren (3). Die Gefüge wurden durch chemisches, plasmachemisches und thermi-
sches Ätzen sowie durch Ionenätzen entwickelt. Die Ätztiefe wurde durch Variation der Prozeßpa-
rameter gesteuert und zur kontrastreichen Gefügedarstellung für das AFM optimiert. Als Mikroskop
diente der Typ Explorer der Fa. Topometrix. Es wurden Bilder im "contact"-Modus mit Standard-
und Superspitzen hergestellt.
Anwendungsbeispiele
Nitridische Keramikwerkstoffe:
Zur Gefiigeentwicklung fiir die Rasterelektronenmikroskopie wird bei Siliciumnitridkeramiken die
plasmachemische Atzung (4) angewendet. Bei diesem Verfahren werden die Siliciumnitridkristalli-
te abgetragen, wihrend die oxidische Bindephase an den Korngrenzen stehenbleibt. Dieser dabei er-
zeugte Hohenunterschied der Phasen kann zur Abbildung der Kristallite im AFM genutzt werden.
Für die Bildqualität spielt hierbei die Ätztiefe sowie die Auswahl der Spitze eine entscheidende
Rolle. Das Beispiel einer überätzten Siliciumnitridkeramik zeigen die Bilder la-c. Bei einer Ätztiefe
von 50-60 nm (siehe Oberflächenprofil Bild 1b) werden die Kristallite mit einer Superspitze nur un-
deutlich wiedergegeben (Bild 1a). Mit der Standardspitze wird die Korngrenzenphase überhöht dar-
gestellt (Bild 1c). Erst durch Einstellen einer optimalen Ätztiefe, die auf die verwendete Spitze ab-
gestimmt ist, gelingt es die Kristallitstruktur fehlerfrei abzubilden (Bild 2a).
Ein weiteres Beispiel zeigt eine plasmachemisch geätzte Siliciumnitrid- Verbundkeramik mit 30%
SiC. Die submikrokristallinen SiC-Einlagerungen (helle Phase in Bild 3) können infolge der sehr
empfindlichen Tiefenauflösung im AFM kontrastreich dargestellt werden.
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