Full text: Fortschritte in der Metallographie

176 Prakt. Met. Sonderband 47 (2015) 
4 Zusammenfassung “iA 
Die vorliegenden Gefüge der gezielt umgewandelten 100Cr6-Proben zeigen ein sehr feines und 
teilweise heterogenes Gefüge bestehend aus Bainit, Martensit, Restaustenit und Karbiden. Durch 
gezielte in-situ Wärmebehandlungen konnten verschiedene Stadien der isothermen Bainitumwand- 
lung mit variierenden Anteilen an Martensit und Restaustenit eingestellt werden. Die Gefiige sind 
sehr fein ausgeprägt, was insbesondere die lichtmikroskopische Identifizierung der Phasen in Teilen 
erschwerte. Die typischen Bainitnadellängen liegen im Bereich < 15 um. Der Martensit ist in den 
Proben signifikant feiner ausgeprägt und zeigt Nadellängen mit deutlich geringer als 5 um. Dies 
erschwerte vor allem die Differenzierung von Martensit und Restaustenit. Dennoch konnten ver- Je 
schiedene Ätzungen für diese herausfordernden Stahlproben erfolgreich evaluiert werden. 5 
Die besten Ergebnisse für die lichtmikroskopische Gefügeanalyse der isotherm gezielt in unter- or 
schiedlichen Stadien umgewandelten 100Cr6-Proben konnten mit der 10/3 -Atzung [4] erzielt wer- 5” 
den. Hiermit erzielte man die besten Kontraste zwischen Martensit und Bainit. Auch hebt sich der tr 
Restaustenit sehr deutlich vom restlichen Gefüge ab; nur sehr kleine Anteile an Restaustenit wie in : 
Probe 4 mit rontgenographisch gemessenen Anteilen von 6 % sind erwartungsgemäß kaum erkenn- - 
bar. Ansätze einer klassischen quantitativen Gefügeanalyse zur Erfassung der verschiedenen Pha- a ; 
senanteile werden auch mit den vorliegenden Ätzversuchen kaum umsetzbar sein. Die Nitalätzung oe 
ermöglicht lediglich im REM eine gute Unterscheidung zwischen Bainit und Martensit/ Restauste- U 
nit. Restaustenit von Martensit im REM zu differenzieren ist schwieriger. Martensit und Restauste- 
nit werden von der Nitalätzung schwächer angegriffen, so dass beide Phasen als flache und relativ en 
glatte Flächen erscheinen. Lediglich durch starke Überätzung würde sich ggf. eine bessere Unter- ; 
scheidung ergeben. 
Es bestätigte sich, dass EBSD-Untersuchungen von feinkörnigen mehrphasigen und hochkohlen- 
stoffhaltigen Stählen schwierig sind. Die Notwendigkeit einer absolut verformungsfreien Präparati- 
on, sowie der eindeutigen Differenzierung von gleichartigen Kristalltypen erschweren die quantita- 
tive Analyse erheblich. Selbst bei nahezu optimierter Präparation ist es noch nicht gelungen, für den 
isotherm umgewandelten Stahl 100Cr6 die vorliegenden Gefügetypen (Bainit, Martensit, Restaus- 
tenit) eindeutig quantitativ nachzuweisen. Vor allem das Fehlen eines Restaustenitsignals gilt es zu 
verstehen und zu lösen. Die EBSD-Analyse liefert nur sehr oberflächensensitive Signale, während 
die Signale der XRD aus einem deutlich größeren Wirkbereich/Volumen generiert werden. Weiter- 
gehende Analysen zur abgesicherten quantitativen Phasenanalyse bei gehärteten Stählen mittels 
EBSD sind deshalb notwendig. Die hier vorliegenden 100Cr6-Proben mit variierenden Stadien von 
Bainit, Martensit und Restaustenit sind hierfiir sehr gut einsetzbar. 
5 Literatur 
[1] T.Bernthaler, O. Pursche, J. Sandherr, A. Kopp, E. Reiter, A. Haase, D. Schmid, G. Schneider: 
Untersuchung der Zeit-Temperatur-Umwandlung in Stéhlen mittels in-situ- 
Rontgendiffraktometrie und Vergleich mit dem Geflige. Prakt. Metallographie Sonderband 45 
(2013) 235-240 ; 
[2] Weck E., Leistner E.; Metallographische Anleitung zum Farbätzen nach dem Tauchverfahren, Poy 
Teil I: Farbitzen nach Klemm und Teil II: Farbitzen nach Beraha, DVS Verlag, Diisseldorf 
[3] Struers Application Note; Préparation von Eisenwerkstoffen fiir die EBSD-Analyse 
[4] G.F. Vander Voort, Metallography principles and practice (The Materials Information Society, 
1999) sowie Tipps von: http://www. georgevandervoort.com/metallography.html
	        
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