Prakt. Met. Sonderband 47 (2015) 19
Intermetallische Titanaluminide als innovative Hochtemperatur-
leichtbauwerkstoffe - wie materialographische Methoden zu ihrer
Entwicklung beigetragen haben
er
; Helmut Clemens und Svea Mayer
Department Metallkunde und Werkstoffprüfung, Montanuniversität Leoben, Leoben
1 Einleitung
In den letzten Jahren wurde die Nachfrage nach innovativen Hochtemperaturleichtbauwerkstoffen
immer dringlicher, wobei aktuelle Themen der Energie- und Umweltpolitik eine wesentliche Rolle
spielen, da die global vernetzte Weltwirtschaft und die steigende Mobilität einen gravierenden
Einfluss auf den Energieverbrauch und die Umweltschädigung haben. Allein dem Flugverkehr wird
ein Anteil von 3.5% an dem durch den Menschen bedingten Klimawandel zugeschrieben [1].
Umfangreiche Studien belegen, dass in den nächsten Jahren mit einer weiteren Zunahme im
Flugverkehr zu rechnen ist. Um die Emissionen aus Flug- als auch Automobilverkehr nachhaltig zu
senken, werden weltweit Programme auf politischer und wissenschaftlich-technischer Ebene
gestartet. Besonders die Verordnungen der Europäischen Union sehen strenge Vorschreibungen zu
den erlaubten Emissionen von Strahltriebwerken und Verbrennungsmotoren vor. Bei den
Flugzeugtriebwerken steht neben der Reduktion an schidlichen Treibhausgasen (CO2, NOx) eine
deutliche Lärmverringerung im Vordergrund. Zukünftige Generationen an Strahltriebwerken und
Verbrennungsmotoren müssen demzufolge so ausgelegt sein, dass sie den oben genannten
Anforderungen gerecht werden. Neben reduziertem Treibstoffverbrauch, Schadstoffausstoß und
gesenkter Lärmbelastung wird, besonders im Fall von Flugzeugtriebwerken, auf die Senkung der
Kosten für Erhaltung und Wartung Wert gelegt. Abgesehen von neuen und verbesserten
Auslegungskonzepten spielt der Einsatz innovativer Hochtemperaturleichtbauwerkstoffe, wie
intermetallischer y-TiAl-Basislegierungen, eine Schlüsselrolle [2,3,4,5,6,7].
Der vorliegende Artikel versteht sich als Fortsetzung der beiden Übersichtsartikel „Intermetallische
y-Titanaluminid-Basislegierungen aus metallographischer Sicht“ von H. Clemens und F. Jeglitsch
[8] und „Intermetallische y-Titanaluminid-Basislegierungen aus metallographischer Sicht - eine
Fortsetzung“ von H. Clemens und S. Mayer [9]. Dieser dritte und abschließende Teil beschreibt am
Beispiel einer speziell für Flugzeugtriebwerke entwickelten y-TiAl-Basislegierung, der so
genannten TNM-Legierung, wie materialographische Methoden mit gezieltem Einsatz von
003 komplementédren Untersuchungsverfahren zu ihrer Entwicklung, Herstellung und Verarbeitung und
schlussendlich zu ihrer industriellen Einführung beigetragen haben. Besonders erwähnenswert ist
der Erstflug des Airbus A320neo (neo = new engine option) im September 2014, wo eine Stufe der
schnelllaufenden Niederdruckturbine des besonders umweltfreundlichen Triebwerks mit
geschmiedeten TNM-Schaufeln bestückt war [10,11]. In der vorliegenden Arbeit wird speziell auf
die ß-erstarrende TNM-Legierung eingegangen, die für den Einsatz in Strahltriebwerken am
Department der Autoren entwickelt wurde. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass dieser
Beitrag eine stark gekürzte Version jenes Artikels darstellt, der in einer der nächsten Ausgaben der
Zeitschrift Practical Metallography erscheinen wird und sich daher nur auf das verwendete
Legierungskonzept sowie auf die Einstellung eines Gefüges mit ausgewogenen mechanischen
Eigenschaften konzentriert. Im Rahmen der Gefügecharakterisierung wurden unterschiedlichste
materialographische Untersuchungsmethoden angewandt. Die dabei erhaltenen Ergebnisse werden
unter Verwendung metallkundlicher und metallphysikalischer Ansätze interpretiert.