Prakt. Met. Sonderband 50 (2016) 53
Das Eutektikum - ein Ausflug ins ,,Schongefiigte** —
Kristallisation und Ausbildungsformen eutektischer Gefiige
copy, 2004, 216, Gaby Ketzer-Raichle (V), Antonia Eschenbacher, Tim Schubert, Dagmar Goll, Timo Bernthaler.
Gerhard Schneider
“ngineering Ma- Hochschule Aalen, Institut fiir Materialforschung, Aalen, Deutschland
1 Einführung
Das Eutektikum (griechisch: das Schongebaute / Schongefiigte, auch: das Gutschmelzende) ist eine
1, 2008, 281- Moglichkeit der Gefiigeausbildung bei der Erstarrung von metallischen Schmelzen. Viele technische
’ ’ Gusslegierungen auf der Basis von Eisen oder NE-Metallen bilden bei der Erstarrung ein eutektisches
Ingineering Ma- Gefüge aus. Bei Aluminium-, Zink- und Magnesium-Gusslegierungen gehdren diese Eutektika zum
Gebrauchszustand. Bei hochlegierten Werkzeugstihlen sind solche Eutektika aus harten Karbiden
7.227. 42-50 sprode, sie werden daher durch Warmumformung zerbrochen, um die Zihigkeit des Werkstoffs zu
a” steigern. Auch in laserumgeschmolzenen Hartmetallen auf WC-Co-Basis oder in Magnetwerkstoffen
auf der Basis von Fe-Nd-B treten Eutektika auf. Die nachfolgenden Gefügebilder vermitteln einen
kleinen Einblick in die Wunderwelt des Eutektikums.
2 Grundlagen
Der Konstitutionsfall Eutektikum entsteht, wenn die Komponenten einer Legierung völlige Löslich-
keit im flüssigen Zustand, jedoch begrenzte Löslichkeit im festen Zustand füreinander aufweisen. Die
flüssige Phase (Schmelze) zerfällt bei der Erstarrung in zwei feste Phasen A und B. Jedoch sind diese
nur theoretisch A und B - in der Regel handelt es sich bei den festen Phasen um Mischkristalle, diese
werden mit o und ß bezeichnet (Abb. 1). In Mehrstoffsystemen können neben binären auch ternäre
Eutektika auftreten.
: 30-5
= — ie
3 +
3 - oa
_ ha.
Keime | Wachstum |, Grenzflache Eutektikum
A ~~ B
Abb. 1: Schematisches Zustandsdia- Abb. 2: Links: Keimbildung und gekoppelte Erstarrung beim normalen
gramm mit Eutektikum Eutektikum. Rechts: Gefiigeausbildung (schematisch)
Abb. 1 zeigt ein schematisches Zustandsdiagramm. Drei Arten von Legierungen sind möglich: un-
tereutektische (wie L1), rein eutektische (L2) und iibereutektische Legierungen (wie L3). Art und
Ausbildungsform des Eutektikums héingen wesentlich von der Legierungszusammensetzung ab. Die
Kristallisation eutektischer Legierungen beruht stets auf den gleichen metallkundlichen Grundlagen.
durch Variation der Abkiihlbedingungen kann sie jedoch verschieden ablaufen und unterschiedliche
Ausbildungsformen erzeugen. Dabei können die eutektischen Gefüge besonders im anomalen und
entarteten Eutektikum eine typische Morphologie der Phasen aufweisen.