Prakt. Met. Sonderband 52 (2018) 293
Von Richtreihe zu Bildanalyse: Reinheitsgradmessung bei
Automatenstählen
St. Stücklin‘, J. Pühringer2, D. Moll®, E. Aksoy*, F. Rosar*, D. Lober®, L. Thieme®
Swiss Steel AG
voestalpine Stahl GmbH
AG der Dillinger Hüttenwerke
Saarstahl AG
Deutsche Edelstahlwerke Specialty Steel GmbH & Co. KG
PixelFerber
ABSTRACT
Das Stahl-Eisen-Prüfblatt (SEP) 1572 “Mikroskopische Prüfung von Automatenstählen auf
sulfidische Einschlüsse mit Bildreihen” [1] wurde 1971 im Verlag Stahleisen unter
redaktioneller Leitung des Stahlinstituts VDEh veröffentlicht, um auch bei Stählen mit
bewusst hohem Einschlussgehalt die Ausbildung der Einschlüsse charakterisieren zu
können. Das Prüfblatt ist auf die manuelle Auswertung mittels Bild-Richtreihen ausgelegt
und ist nicht direkt der Bildanalyse zugänglich.
Mit dem Ziel, die Prüfung sowohl manuell als auch bildanalytisch zu ermöglichen, und
gleichzeitig eine möglichst hohe Entsprechung zur Ausgabe von 1971 zu gewährleisten, hat
sich eine Projektgruppe innerhalb des Stahlinstituts VDEh die Überarbeitung des Prüfblatts
inklusive Bild-Richtreihe vorgenommen Das überarbeitete SEP 1572 befindet sich in der
finalen Abstimmung und wird voraussichtlich in Kürze veröffentlicht [2]. Die neuen
Klassendefinitionen und deren mathematisch fassbare Klassengrenzen werden in diesem
Beitrag vorgestellt.
1. GRUNDLAGEN
Das Kernstück des SEP 1572 ist die auf den Richtreihen von H. Diergarten aufbauende
Bild-Richtreihe, welche in drei Spalten (im Prüfblatt wie auch im folgenden Text Kolonnen
genannt) und vier Zeilen organisiert ist. Das Prüfblatt macht keine Aussagen zur Systematik
der Richtreihe, gibt aber bei einem kleinen Exkurs zur Bildanalyse, die damals schon
ansatzweise berücksichtigt wurde, die Parameter Flächenanteil und Teilchendichte an.
Die Bild-Richtreihe besteht jedoch aus realen Bildern, und bei der vergleichenden
Auswertung durch das menschliche Auge laufen komplexe bildanalytische Prozesse ab.
Diese sind gezwungenermassen prüferabhängig: schon die Antwort zur Frage, ob der
grösste Einschluss im Sehfeld oder der häufigste Einschlusstyp im Sehfeld das Ergebnis
bestimmt, wird nicht einheitlich ausfallen. Ebenso kann davon ausgegangen werden, dass
bewusst oder unbewusst gewisse Einschlüsse ausgeklammert werden. sowohl beim
Richtreihenbild als auch im Okular.
Erschwerend kommt hinzu, dass eine bildanalytische Auswertung der Bilder der Bild-
Richtreihe teils stark von den im SEP 1572 festgehaltenen Werten abweichende Resultate
ergibt. Dieses Ergebnis wurde von verschiedenen Bildanalyseprogrammen bestätigt, die
miteinander gute Übereinstimmung aufwiesen. Partikel unter 4 um Grösse wurden dabei
wie im Prüfblatt erwähnt ausgeschlossen.