304 Prakt. Met. Sonderband 52 (2018)
eQ = Austenitperechnet ” an (1)
Von den unterschiedlichen WBH-Zustidnden wurden dann tiber die OR nach Greninger-Troi-
ano (G-T) [7]), die ehemaligen Austenitkörner über Gruppen von drei Kérnern (Triplets)
sowie auch von vier Körnern (Quadruplets) berechnet (siehe Abbildung 3a und b). Für die
WBH-Zustände Tiso = 300 °C (Martensit — kaum angelassen), Tiso = 425 °C (stärker globu-
lare Struktur, vereinzelte Inseln an M-A Phase) und Tiso = 475 °C (granulare Struktur, M-A
Inseln) wurde auch die Rückkonstruktion über die OR nach Kurdjumov-Sachs (K-S) [10]
durchgeführt.
Tabelle 1: Parameter für die automatische Austenit-Rückkonstruktion.
Unterdrückung nicht indizierter Datenpunkte v
Ignorieren niedriger Missorientierungen v
Minimum krz Orientierungen fiir Start 3
Start Toleranzwinkel Nukleation 2°
Start Toleranzwinkel Wachstum 3°
Max. Toleranzwinkel Nukleation 15° |
* Max. Toleranzwinkel Wachstum 15°"
In den Abbildung 3a und b sind dieselben Berechnungen fiir unterschiedliche EBSD Mes-
sungen an gleichem Material gezeigt. Die Rohdaten aus Abbildungen 3a und b mit
Schrittweite 80 nm (Messgeschwindigkeit 117 Punkte pro Sekunde) weisen einen durch-
schnittlichen Konfidenzindex (Cl) von 0,55 bis 0,65 auf, jene aus Abbildung 3b mit
Schrittweite 0,3 pm (196 s') hingegen durchschnittliche Cl-Werte von 0,38 bis 0,49. Die
reduzierte Genauigkeit der gemessenen Orientierungen der krz Phase führt nun zu deutlich
niedrigeren eQ-Werten, (primär wegen höherer Winkelabweichungen). Des Weiteren redu-
zieren auch große Schrittweiten (< 0,5 um) die Genauigkeit der Berechnung der Austenit-
Orientierungen durch das Übergehen sehr kleiner krz-Varianten.
Der untersuchte Stahl bildet bei den durchgeführten WBH nicht alle der 24 möglichen Vari- |
anten (nach dem Modell von Kurdjumov-Sachs) aus. In den martensitischen Zuständen wl
wurden 5 - 8 Varianten gezählt (innerhalb eines einheitlich orientierten Austenit-Bereiches ILE.
ohne Zwillingsgrenzen). In den granular bainitischen Zusténden sind die gebildeten ferriti- i
schen Kérner in den Polfiguren nicht mehr eindeutig kristallographischen Varianten we
zuzuordnen, sie sind aber nach wie vor in zumindest vier unterschiedlichen Orientierungen hs
vorhanden. Zur Berechnung der Austenit-Orientierungen ist eine Mindestanzahl an krz-Va- en
rianten erforderlich, in der Literatur werden bei starker Variantenselektion mindestens drei -
empfohlen [3]. Für eine Vergleichbarkeit wurden in dieser Studie somit auch drei Tochter- N
körner zum Start der Berechnung gefordert. In den Zuständen mit Tiso > 425 °C ist diese Sn
Forderung nicht mehr in allen Ferrit-Gruppen erfüllt, was die Nukleierung eines theoreti- fr
schen Austenitkornes erschwert. Eine weitere Herabsetzung der Mindestanzahl der ve
Tochterkérner wiirde die Winkelabweichung der Riickkonstruktion auf tber 10° steigern. =
Der niedrige Flachenanteil von berechnetem Austenit in Kombination mit der großen Win- or
kelabweichung zwischen berechneten und gemessenen Ferrit-Orientierungen führt in a
diesen Zuständen zu eQ-Werten von unter 0,5. i"
Bei der Umwandlung von Austenit zu Perlit ist die Phasenumwandlung vollstandig diffusi- a.
onsgesteuert und die Perlit-/Zementitkolonien wachsen gekoppelt ausgehend von Austenit Te
Korn- und Zwillingsgrenzen, wobei stetige, geringe Orientierungsänderungen auftreten. N