Prakt. Met. Sonderband 52 (2018) 341
Statistische Analyse und Modellierung von komplexen
Partikelsystemen in 3D mittels tomographischer Bilddaten
O. Furat*, B. Prifling*, D. Westhoff* , M. Weber* und V. Schmidt“
* Institut fur Stochastik, Universitat Ulm, 89069 Ulm, Deutschland
Abstrakt
Geometrisch komplexe Partikelsysteme, bei denen die einzelnen Partikel disperse Größen
und unregelmäßige nicht sphärische Formen aufweisen, treten in zahlreichen
Anwendungsgebieten auf. Ein Beispiel hierfür sind sogenannte Aktivpartikel-Systeme,
welche eine wichtige Komponente in Elektroden von Lithium-lonen-Batterien darstellen.
In bergbaulichen Aufbereitungsprozessen werden darüber hinaus Partikelsysteme
untersucht, für die die Partikel neben dispersen Größen und Formen zusätzlich auch
unterschiedliche stoffliche Eigenschaften besitzen. Anhand dieser beiden Beispiele werden
Methoden erläutert, um die 3D-Morphologie von geometrisch komplexen Partikelsystemen
mit Hilfe von tomographischen Bilddaten zu analysieren und stochastisch zu modellieren.
Grundlage hierfür ist die phasen- bzw. partikelbezogene Segmentierung der voxelbasierten
Bilddaten. Durch das Fitten von geometrischen Bildkenngrößen werden anschließend
parametrische stochastische Strukturmodelle an Realdaten angepasst, wodurch eine
deutliche Komplexitätsreduktion erreicht wird. Unter Einbeziehung zusätzlicher
bildgebender Verfahren, wie beispielsweise Rasterelektronenmikroskopie, können auch
weitere stoffliche Informationen _in die Modelle integriert werden,
1. Einleitung
Bildgebende Verfahren, welche die 3D-Mikrostruktur von Materialien sichtbar machen,
erlauben es, Zusammenhänge zwischen Kenngrößen der Mikrostruktur und der
Funktionalität der Materialien zu analysieren. Ein wichtiges Hilfsmittel für solche Analysen
sind Methoden der Bildverarbeitung, die zur Aufbereitung der Bilddaten dienen. Für die
Analyse von partikelbasierten Materialien sind dabei insbesondere Segmentier-
Algorithmen von großer Bedeutung, die es ermöglichen, die einzelnen Partikel aus den
Bilddaten zu extrahieren. Basierend auf den Ergebnissen der Mikrostrukturanalyse können
anschließend parametrische stochastische 3D-Modelle an die aufbereiteten
tomographischen Bilddaten angepasst werden. Dadurch ist es möglich, eine große
Bandbreite an virtuellen, aber dennoch realistischen Morphologien zu generieren [1,2,3].
Diese können für modellbasierte Computersimulationen verwendet werden, um
Zusammenhänge zwischen Kenngrößen der Struktur und den physikalischen oder ;
elektrochemischen Eigenschaften der Materialien zu erkennen und zu quantifizieren [4]
Dieser Ansatz des virtuellen Material-Testens ermöglicht es, den Aufwand für zeit- und
kostenintensive_Laborexperimente zu verringern.
In diesem Artikel werden zwei exemplarische Anwendungen der oben beschriebenen
Methodik zur Analyse und Modellierung von _Mikrostrukturen vorgestellt. ZunächsStami