Bankbetriebslehre ad
Charakter gemischter Banken haben vor allem die auf Grund einer starken
Konzentrationsbewegung entstandenen drei Großbanken mit ihren zahl:
reichen Niederlassungen.
Die Verkoppelung aller Bankgeschäfte stellt hohe Anforderungen an die
Persönlichkeit der Leiter, welche mit den Feinheiten des Liquiditäts- und
Risikoproblems durchaus vertraut sein müssen. Zudem setzt der gemischte
Bankbetrieb ein Eigenkapital voraus, das auch gelegentlichen unvermeidbaren
Verlusten gewachsen ist. Aber solche bankgeschäftlichen Warenhäuser wir
ken auch als Kompensationsbetriebe, weil sie zahlreiche Möglichkeiten für
den Risikoausgleich durch geschickte Verteilung der Anlagen und für die
Gewinnstabilisierung durch Aufrechnung der Gewinne und Verluste aus vers
schiedenen Sparten und Perioden haben.
Il. Die Privatbankiers
Die Privatbankiers sind in einer Fachgruppe der Wirtschaftsgruppe
„Privates Bankgewerbe“ zusammengeschlossen; und zwar sind hier alle Einzel:
kaufleute, Offenen Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und Ge:
sellschaften mit beschränkter Haftung erfaßt worden. Diese aus Zweck:
mäßigkeitsgründen vorgenommene Abgrenzung ist in mancher Hinsicht an:
greifbar, weil bei einzelnen dieser Firmen die charakteristischen Züge des
Privatbankiers fehlen.
Die Konzentrationsbewegung innerhalb des privaten Banksektors und
das starke Vordringen der öffentlichen Banken sind die wichtigsten Ursachen
für die Abnahme der Privatbankierfirmen. Besonders von 1925 bis 19353
beobachten wir ein starkes Sterben als Ausfluß der Wirtschafts- und Ver:
trauenskrise, vor allem in der Provinz, dem auch manche angesehenen Häuser
zum Opfer fielen. Die Zahl der Konkurse und Liquidationen betrug in dieser
Zeit 712. In den jüngsten Jahren haben der Arisierungsprozeß und die Be:
reinigung der starken Übersetzung im Effektenkommissionsgeschäft die Zahl
der Privatbankfirmen weiter vermindert.
In dem Wort „Privatbankier“ kommt die besonders enge Verbindung
zwischen Inhaber und Unternehmung. zum Ausdruck. Die wichtigsten Vor:
züge des Privatbankiers vor anderen Bankgattungen sind: eine oft sehr alte
Familientradition und eine lange bankbetriebliche Erfah-
rung; das Einstehen für alle Verpflichtungen mit der ge:
samten Existenz, mit dem eigenen Namen und dem Namen des
Hauses; eine genaue Kenntnis der wirtschaftlichen Umwelt
infolge seiner Bodenständigkeit;enge Beziehungen zu Wirt:
schaft und Gesellschaft: absolute Selbstverantwort:
lichkeit bei allen Entscheidungen unter Ausschaltung jedes Instanzen:
zuges; stetes Selbstkontrahieren für eigene Rechnung.
Viele Privatbankierfirmen haben die Entwicklung der deutschen Industrie
durch Kredithilfe, insbesondere durch wagemutige Personalkredite und be:
ratende Mitarbeit bei der Durchführung neuer Projekte wesentlich unter:
stützt. Ihr Geschäftskreis umfaßt alle von den. allgemeinen Kreditbanken
vorgenommenen bankmäßigen Tätigkeiten. Doch haben sich viele Privat:
bankierfirmen auf einzelne oder wenige Tätigkeiten spezialisiert. Eine Anzahl
namhafter Privatbankierfirmen ist aus Waren: und Speditionsunternehmungen
hervorgegangen.
Das geschäftliche Volumen, gemessen an der Bilanzsumme, ist im Rahmen
des Gesamtvolumens der deutschen Bankwirtschaft gering. Ende 1936 betrug
die Bilanzsumme bei 847 Firmen 1,50 Milliarden Reichsmark. An dieser Ziffer
Lieferung 54 7
] Band III Rapitel 10
v
e