Full text: Bankbetriebslehre (Band 3, Kapitel 10)

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kann man keinesfalls die Bedeutung des Privatbankierstandes messen, da 
seine beratenden und treuhänderischen Funktionen, seine fachkundigen An- 
regungen und Beeinflussungen bei der wirtschaftlichen Entwicklung hoch 
einzuschätzen sind. 
Der Privatbankier ist ein volkswirtschaftlich wichtiges und unentbehr: 
liches Glied im deutschen Kreditwesen. Ihm obliegt, in Zusammenarbeit mit 
den übrigen Bankgruppen, die Betreuung der heimatgebundenen mittleren 
und kleinen Industries und Handelsfirmen, die Beratung der Anlagesuchenden 
und die Durchführung von Dienstleistungen bei Kapitalanlage und Kapital: 
verwaltung. 
III. Kreditgenossenschaften 
Die deutschen Kreditgenossenschaften sind wirtschaftliche Leistungs: und 
Nutzungsgemeinschaften nach dem altdeutschen Leitgedanken der Selbst: 
hilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung. Sie wollen die kapital- 
schwachen gewerblichen und landwirtschaftlichen Klein: und Mittelbetriebe 
mit den modernen geldwirtschaftlichen Zahlungs: und Kreditmethoden 
bekannt machen und durch Hebung ihrer Kreditwürdigkeit auf dem Wege 
der Solidarhaftung ihnen den Weg zu den Kreditquellen zu tragbaren Bez 
dingungen eröffnen, um ihre wirtschaftliche Lage zu stärken. Die Genossen: 
schaftsidee: „Alle für einen und einer für alle!“ war bereits im Mittelalter 
sehr lebendig: Marktgenossenschaften der Bauern, Zünfte der Handwerker 
und Gilden der Händler und Kaufleute. Nach dem Verfall des Zunftgeistes 
erwachte diese Idee im 18. Jahrhundert wieder. Zunächst entstanden Wohl: 
tätigkeitsvereine, welche durch Vorschüsse und Almosen die soziale Stellung 
des Kleingewerbes und der Bauern verbessern wollten. Gegen 1850, in der 
Zeit, als die moderne Industriewirtschaft sich entwickelte, erkannten zwei 
Männer: Kreisrichter Schulze-Delitzsch und Landbürgermeister Raiffeisen, 
fast gleichzeitig die Bedeutung des auf Selbsthilfe beruhenden Genossen: 
schaftsgedankens zur Steuerung der Not des Mittelstandes und führten ihn 
zu neuer Entialtung. Heute bestehen in Deutschland 52000 Einzelgenossen- 
schaften, welche den Genossenschaftsgedanken innerhalb der ihnen . an: 
geschlossenen Genossen durch gegenseitige Hilfe und Förderung zu verwirk: 
lichen suchen. 
Genossenschaften sind Personalgesellschaften, welche nicht Gewinn- 
erzielung, sondern die „Förderung des Erwerbs und der Wirtschaft der Mit- 
glieder mittels gemeinschaftlicher Geschäftsbetriebe‘“ erstreben. Jeder Ge: 
nosse hat, unabhängig von der Zahl und Höhe seiner Geschäftsanteile, in 
der Generalversammlung eine Stimme. Mitgliederzahl und Gründungskapital 
sind nicht feststehend, weil jeder Genosse am Schluß eines Geschäftsjahres 
nach vorheriger Kündigung austreten kann. (Auszahlung des Geschäftsanteils 
binnen sechs Monaten nach dem Ausscheiden.) 
Die gewerblichen Kreditgenossenschaften 
Schulze-Delitzsch versuchte die wirtschaftliche Förderung der Hand: 
werker und kleingewerblichen Kreise nach rein wirtschaftlichen Gesichts: 
punkten durch Zusammenschluß derselben zu „Korporationen“. Die Samm: 
lung der zerstreuten Kräfte sowie planmäßige Zielsetzungen: gemeinsamer 
Rohstoffeinkauf, gemeinsamer Verkauf und Kreditvermittlung auf dem Boden 
der Selbsthilfe, sollten die Lage der Genossen verbessern. Die speziellen 
Kreditgenossenschaften trugen zuerst den Namen „Vorschußvereine“. (Erste 
Gründung 1850; 1860 bestanden 106, 1900 bereits 1136 gewerbliche Kredit: 
genossenschaften.) Die ersten Vorschußvereine gewährten Kredite auf Grund 
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