Versuche in der Theodicee. 853
rn dieser a) dass das Vorgeben von der Straflosigkeit der Lasterhaften in
zuspielen der Welt keinen Grund habe; weil jedes Verbrechen, seiner Natur ge-
mäss, schon hier die ihm angemessene Strafe bei sich führe, indem
rgewicht die innern Vorwürfe des Gewissens den Lasterhaften ärger noch als
tur eines Furien plagen. — Allein in diesem Urtheile liegt offenbar ein Missver-
nut wer- stand. Denn der tugendhafte Mann leiht hiebei dem Lasterhaften seinen
Vergnü- Gemithscharakter, nämlich die Gewissenhaftigkeit in ihrer ganzen
) ist, sich Strenge, welche, je tugendhafter der Mensch ist, ihn desto härter wegen
; Daseins der geringsten Uebereilung, welche das sittliche Gesetz in ihm miss-
n Veber- billigt, bestraft. Allein wo diese Denkungsart und mit ihr die Gewis-
rde hier, senhaftigkeit gar fehlt, da fehlt auch der Peiniger für begangene Ver-
erlittener brechen ; und der Lasterhafte, wenn er nur den äussern Züchtigungen
n Sicher- wegen seiner Frevelthaten entschlüpfen kann, lacht über die Aengst-
en willst, lichkeit der Redlichen, sich mit selbsteigenen Verweisen innerlich zu
plagen; die kleinen Vorwürfe aber, die er sich bisweilen machen mag,
dass uns macht er sich entweder &ar nicht durchs Gewissen, oder, hat er davon
Güte, in noch etwas in sich, so werden sie durch das Sinnenvergnügen, als wo-
schweng- ran er allein Geschmack findet, reichlich aufgewogen und vergütet. —
stand des — Wenn jene Anklage ferner
urch‘ den b) dadurch widerlegt werden soll: dass zwar nicht zu leugnen sei,
t würdig es finde sich schlechterdings kein der Gerechtigkeit gemässes Verhält-
)isten un- niss zwischen Schuld und Strafen in der Welt, und man müsse im Laufe
oh wird,) derselben oft ein mit schreiender Ungerechtigkeit geführtes, und gleich-
zu ge- wohl bis ans Ende glückliches Leben mit Unwillen wahrnehmen; dass
gewesen, dieses aber in der Natur liegende, und nicht absichtlich veranstaltete,
zu lassen, mithin nicht moralische Misshelligkeit sei, weil es eine Eigenschaft der
werden, Tugend sei, mit Widerwärtigkeiten zu ringen, (wozu der Schmerz, den
auf die der Tugendhafte durch die Vergleichung seines eigenen Unglücks mit
auflösen; dem Glück des Lasterhaften leiden muss, mitgehört,) und die Leiden
nheischig den Werth der Tugend nur zu erheben dienen, mithin vor der Vernunft
diese Dissonanz der unverschuldeten Uebel des Lebens doch in dem
okeit des herrlichsten sittlichen Wohllaut aufgelöst werde; — so steht dieser Auf-
vornehmlich Gewalt habender Bösewicht nicht ungestraft aus der Welt entwischt; so
frohlockt der mit dem Himmel gleichsam versöhnte, sonst parteilose Zuschauer.
er Weltbe- Keine Zweckmässigkeit der Natur wird ihn durch Bewunderung derselben so in Affect
h dem Ge- setzen und die Hand Gottes gleichsam daran vernehmen lassen. Warum? Sie ist
Gerech- hier moralisch, und einzig von der Art. die man in der Welt einigermassen wahrzu-
gerechter. nehmen hoffen kann.