I. Verhältniss der Theorie zur Praxis in der Moral. 317
inem Wenn aber Herr GARvVE zuletzt sagt: „Solche feine Unterschiede
. von der Ideen verdunkeln sich schon im Nachdenken über particuläre
kein Gegenstände; aber sie verlieren sich gänzlich, wenn es aufs Han-
flicht deln ankömmt,. wenn‘ sie auf Begierden und Absichten angewandt
lück- werden sollen. Je einfacher, schneller und von klaren Vorstellun-
rein gen entblösster der Schritt ist, durch den wir von der Betrachtung
oder, der Motive zum wirklichen Handeln übergehen; desto weniger ist es
ss er möglich, das bestimmte Gewicht, welches jedes Motiv hinzugethan hat,
Inig- den Schritt so und nicht anders zu leiten, genau und sicher zu erken-
also nen,‘ — so muss ich ihm laut und eifrig widersprechen.
von Der Begriff der Pflicht in seiner ganzen Reinigkeit ist nicht allein
' anı- ohne allen Vergleich einfacher, klärer, für Jedermann zum praktischen
° bei Gebrauch fasslicher und natürlicher, als jedes von der Glückseligkeit
der hergenommene, oder damit und mit der Rücksicht auf sie vermengte
lein Motiv, (welches jederzeit viel Kunst und Ueberlegung erfordert;) son-
Lver- dern auch in dem Urtheile selbst der gemeinsten Menschenvernunft,
‚den, wenn er nur an dieselbe, und zwar mit Absonderung, ja sogar in Ent-
t_zu gegensetzung mit diesem an den Willen der Menschen gebracht wird,
tung bei‘ weitem kräftiger, eindringender und Erfolg versprechender, als.
sich alle von dem letzteren eigennützigen Prinecip entlehnte Bewegungs-
liche gründe. — Es sei z. B. der Fall: dass Jemand ein anvertrautes fremdes
auch Gut (depositum) in Händen habe, dessen Eigenthümer todt ist, und dass
die Erben desselben davon nichts wissen, noch je etwas erfahren können.
RVE Man trage diesen Fall selbst einem Kinde von etwa acht oder neun
zen Jahren vor; und zugleich; dass der Inhaber dieses Depositums (ohne
"ung sein Verschulden) gerade um diese Zeit in gänzlichen Verfall seiner
hutz Glücksumstände gerathen, eine traurige, durch Mangel niedergedrückte
rzeit Familie von Frau und Kindern um sich sehe, aus welcher Noth er sich
ollte
sen,
Orr. kenntniss: „Die Freiheit werde, nach seiner innigsten Ueberzeugung, immer unauf-
löslich bleiben und nie erklärt werden.‘ KEin Beweis von ihrer Wirklichkeit kann
mit schlechterdings nicht, weder in einer unmittelbaren, noch mittelbaren Erfahrung an-
STE- getroffen werden; und ohne allen Beweis kann man sie doch auch nicht annehmen.
‚en,) Da nun ein Beweis derselben nicht aus blos theoretischen Gründen, (denn diese wür-
den in der Erfahrung gesucht werden müssen,) mithin aus blos praktischen Vernunft-
sätzen, aber auch nicht aus technisch-praktischen, (denn die würden wieder Erfah-
rungsgründe erfordern,) folglich nur aus moralisch-praktischen geführt werden kann;
den 30 muss man sich wundern, warum Herr GARVE nicht zum Begriffe der Freiheit seine
» Be- Zuflucht nahm, um wenigstens die Möglichkeit solcher Imperativen zu retten.