I. Verhältniss der Theorie zur Praxis in der Moral. 319
) KL er sagt, gänzlich verlieren, wenn es aufs Handeln ankömmt,
eich, widerspricht selbst der eigenen Erfahrung. Zwar nicht derjenigen,
2, . welche die Geschichte der aus dem einen oder dem anderen Princip
2108 geschöpften Maximen darlegt; denn da beweiset sie leider, dass sie
Um- orösstentheils aus dem letzteren (des Eigennutzes) fliessen; sondern der
enen Erfahrung, die nur innerlich sein kann, dass keine Idee das ’menschliche
ten: Gemüth mehr erhebt und bis zur Begeisterung belebt, als eben die von
cht, einer, die Pflicht über alles verehrenden, mit zahllosen Uebeln des Le-
aber bens und selbst den verführerischen Anlockungen ‘desselben ringenden,
_ die und dennoch, (wie man mit Recht annimmt, dass der Mensch es ver-
„tere möge,) sie besiegenden reinen moralischen Gesinnung. Dass der Mensch
3.80 sich bewusst ist, er könne dieses, weil es es soll: das eröffnet in ihm
‚dert eine "Tiefe göttlicher Anlagen, die ihn gleichsam einen heiligen Schauer
leine über die Grösse und KErhabenheit seiner wahren Bestimmung fühlen
inen lässt. Und wenn der Mensch öfters darauf aufmerksam gemacht und
wer- gewöhnt würde, die Tugend von allem Reichthum ihrer aus der Beob-
auch achtung der Pflicht zu machenden Beute von Vortheilen gänzlich zu
agen entladen, und sie in ihrer ganzen Reinigkeit sich vorzustellen; wenn es
ı Zu im Privat- und öffentlichen Unterricht Grundsatz würde, davon bestän-
test, dig Gebrauch zu machen, (eine Methode, Pflichten einzuschärfen, die
1 zu fast jederzeit versäumt worden ist;) so müsste es mit der Sittlichkeit der
; du Menschen bald besser stehen. Dass die Geschichtserfahrung bisher noch
/eile nicht den guten Erfolg der Tugendlehren hat beweisen wollen, daran
Der ist wohl eben die falsche Voraussetzung Schuld: dass die von der Idee
»hen der Pflicht an sich selbst abgeleitete Triebfeder für den gemeinen Be-
Er. griff viel zu fein sei, wogegen die gröbere, von gewissen in dieser, jawohl
sich auch in einer künftigen Welt aus der Befolgung des Gesetzes, (ohne auf
keln dasselbe als Triebfeder Acht zu haben,) zu erwartenden Vortheilen her;
/enn genommene kräftiger auf das Gemüth wirken würde; und dass man dem
;nde Trachten nach Glückseligkeit vor dem, was die Vernunft zur obersten
zu Bedingung macht, nämlich der Würdigkeit glücklich zu sein, den Vor-
ihm zug zu geben, bisher zum Grundsatz der Erziehung und des Kanzelvor-
Vor- trages gemacht hat. Denn Vorschriften, wie man sich glücklich
Sen, machen, wenigstens seinen Nachtheil verhüten könne, sind _keine Ge-
bote; sie binden Niemanden schlechterdings; und er mag, nachdem er
icht gewarnt worden, wählen, was ihm gut dünkt, wenn er sich gefallen lässt,
SCI zu leiden, was ihn trifft. Die Uebel, die ihm alsdann aus der Verab-
wie säumung des ihm gegebenen Raths_entspringen dürften, hat_er nicht