922 Ueber den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein etc,
zu einander hervor; und hat gar nichts mit dem Zwecke, den alle Men-
schen natürlicher Weise haben (der Absicht auf Glückseligkeit), und
der Vorschrift der Mittel, dazu zu gelangen, zu thun; so dass auch daher
dieser letztere sich in jenes Gesetz schlechterdings nicht als Bestim-
mungsgrund derselben mischen muss. Recht ist die Einschränkung
der Freiheit eines Jeden auf die Bedingung ihrer Zusammenstimmung
mit der Freiheit. von Jedermann, insofern diese nach einem allgemeinen
Gesetze möglich ist; und das öffentliche Recht ist der Inbegriff der
äusseren Gesetze, welche eine solche durchgängige Zusammenstim-
mung möglich machen. Da nun jede Kinschränkung der Freiheit durch
die Willkühr eines Anderen Zwang heisst; so folgt, dass die bürger-
liche Verfassung ein Verhältniss freier Menschen ist, die (unbeschadet
ihrer Freiheit im Ganzen ihrer Verbindung mit Anderen) doch unter
Zwangsgesetzen stehen; weil die Vernunft selbst es so will, und zwar die
reine a priori gesetzgebende Vernunft, die auf keinen empirischen
Zweck, (dergleichen alle unter dem allgemeinen Namen Glückseligkeit
begriffen werden,) Rücksicht nimmt; als in Ansehung dessen, und worin
ihn ein Jeder setzen will, die Menschen gar verschieden denken, so dass
ihr Wille unter kein gemeinschaftliches Princip, folglich auch unter kein
äusseres, mit Jedermanns Freiheit zusammenstimmendes Gesetz gebracht
werden kann.
Der bürgerliche Zustand also, blos als rechtlicher Zustand betrachtet,
ist auf folgende Principien a priori gegründet:
1. Die Freiheit jedes Gliedes der Societät, als Menschen.
2. Die Gleichheit desselben mit jedem Anderen ‚als Unter-
than.
3. Die Selbstständigkeit jedes Gliedes eines gemeinen Wesens,
als Bürgers,
Diese Prineipien sind nicht sowohl Gesetze, die der schon errich-
tete Staat gibt, sondern nach denen allein eine Staatseinrichtung, reinen
Vernunftprincipien des. äusseren _Menschenrechtes überhaupt zemäss,
möglich ist. ‚Also:
1. Die Freiheit als Mensch, deren Princip für die Constitution
eines gemeinen Wesens ich in der Formel ausdrücke: Niemand kann
mich zwingen, auf eine Art, (wie er sich das Wohlsein anderer Men-
schen denkt,) glücklich zu sein, sondern ein Jeder darf seine Glückselig-
keit auf dem Wege suchen, welcher ihm selbst gut dünkt, wenn er nur
der Freiheit Anderer, einem ähnlichen Zwecke nachzustreben. die mit