Full text: Immanuel Kant's sämmtliche Werke (6. Band)

324. Ueber den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein ete 
ürde keiner derselben unter Zwangsgesetzen stehen und einer _dem 
andern kein Unrecht thun können; welches unmöglich 136. a 
Diese durchgängige Gleichheit der Menschen in einem Staat, als 
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Unterthanen desselben, besteht aber ganz wohl mit der grössten Un- 
gleichheit, der Menge und den Graden ihres Besitzthums nach, es sei an 
körperlicher oder Geistesüberlegenheit über andere, oder an_ Glücks- 
gütern ausser ihnen, und an Rechten überhaupt, (deren es viele geben 
kann,) respectiv auf andere; so dass des einen Wohlfahrt sehr vom 
Villen des andern abhängt (des Armen vom Reichen), dass der eine ge- 
horsamen muss, (wie das Kind den Eltern, oder das Weib dem Mann,) 
und der andere ihm befiehlt, dass der eine dient (als Tagelöhner), der 
andere lohnt u. s. w. Aber dem Rechte nach, (welches als der Aus- 
spruch des allgemeinen Willens nur ein einziges sein kann, und welches 
die Form Rechtens, nicht die Materie oder das Object, worin ich ein 
Recht habe, betrifft,) sind. sie dennoch, als Unterthanen, alle einander 
gleich; weil keiner irgend Jemanden anders zwingen kann, als durch 
das öffentliche Gesetz (und den Vollzieher desselben, das Staatsober- 
haupt,) durch dieses aber auch jeder Andere ihm in gleicher Maasse 
widersteht, Niemand. aber diese Befugniss zu zwingen, (mithin ein Recht 
gegen Andere zu haben,) anders, als durch sein eigenes Verbrechen ver- 
lieren und es auch von selbst nicht aufgeben, d. i. durch einen Vertrag, 
mithin durch eine rechtliche Handlung machen kann, dass er keine 
Rechte, sondern blos Pflichten habe; ‚weil er dadurch. sich selbst des 
Rechts, einen Contract zu machen, berauben, mithin dieser sich selbs 
aufheben würde. 
A. 
Aus dieser Idee der Gleichheit der Menschen im gemeinen Wesen 
als Unterthanen geht nun auch die Formel hervor: jedes Glied desselben 
muss zu jeder Stufe eines Standes in demselben, (die einem Unterthan 
zukommen kann,) gelangen dürfen, wozu ihn sein "Talent, sein Fleiss 
nd sein Glück hinbringen können; und es dürfen ihm seine Mitunter- 
thanen durch ein erbliches -Prärogativ, (als Privilegiaten für einen 
gewissen Stand,) nicht im Wege stehen, um ihn und seine Nachkommer 
nter demselben ewig niederzuhalten. 
Denn da alles Recht_blos in der Einschränkung der Freiheit jedes 
Anderen auf die Bedingung besteht, dass sie mit der meinigen, nach 
einem allgemeinen . Gesetze zusammen. bestehen könne, und das öffent 
liche Recht (in einem gemeinen Wesen „blos der Zustand einer wirk 
ichen, diesem _Prinecip gemässen, und mit Macht verbundenen Gesetz-
	        
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