Full text: Immanuel Kant's sämmtliche Werke (6. Band)

68 Ueber eine Entdeckung, nach der alle Kritik ete. 2. Abschn. 
unserer selbst sowohl, als aller Dinge ausser uns, zu denken hätten, und 
diese zwar schon als in die Schöpfung gelegt (vorher bestimmt), aber 
nicht als Vorherbestimmung ausser einander befindlicher Dinge, sondern 
nur der Gemüthskräfte in uns, der Sinnlichkeit. und des Verstandes, 
nach jeder ihrer eigenthümlichen Beschaffenheit für einander, so wie die 
Kritik lehrt, dass sie zum Krkenntnisse der Dinge a priori im Gemüthe 
gegen einander in Verhältniss stehen müssen. Dass dieses seine wahre, 
obgleich nicht deutlich entwickelte Meinung gewesen. sei, lässt sich 
daraus: abnehmen, dass er jene vorherbestimmte Harmonie noch viel 
weiter, als auf die Uebereinstimmung zwischen Seele und Körper, näm- 
lich noch auf die zwischen dem Reiche der Natur und dem Reiche der 
Gnaden, (dem Reiche der Zwecke in Beziehung auf den. Endzweck, 
d. i. den Menschen unter moralischen Gesetzen,) ausdehnt, wo eine Har- 
monie zwischen den Folgen aus unseren Naturbegriffen und denen aus 
dem Freiheitsbegriffe, mithin zweier ganz verschiedener Vermögen, unter 
ganz ungleichartigen Prineipien in uns, und nicht zweierlei verschie- 
dene ausser einander befindliche Dinge in Harmonie gedacht werden 
sollen, (wie es wirklich Moral erfordert,) die aber, wie die Kritik lehrt, 
schlechterdings nicht aus der Beschaffenheit der Weltwesen, sondern, 
als eine für uns wenigstens zufällige Uebereinstimmung, nur durch eine 
intelligente Weltursache kann begriffen werden. 
So möchte denn wohl die Kritik der reinen Vernunft die eigent- 
liche Apologie für LEIBNITZ, selbst wider seine, ihn mit nicht ehrenden 
Lobsprüchen erhebenden Anhänger sein; wie sie es denn auch für ver- 
schiedene ältere Philosophen sein kann, die mancher Gesehichtschreiber 
der Philosophie bei allem ihnen ertheilten Lobe doch lauter Unsinn reden 
lässt, dessen Absicht er nicht erräth, indem er den Schlüssel aller Aus- 
legungen reiner Vernunftproducte aus blosen Begriffen, die Kritik der 
Vernunft selbst, (als die gemeinschaftliche Quelle für alle,) vernach- 
lässigt und über dem Wortforschen dessen, was jene gesagt haben, das- 
jenige nicht sehen kann, was sie haben sagen wollen.
	        
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