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besteigen.“ Kants eigene Ansichten mit -photozraphischer Treue Vertrag beruhe, also von der Anerkennung, ' den Zielen und
nach Art der Historiker wiederzugeben und damit hundertmal Wünschen der Staatsunterworfenen abhängig sei, einer Ansicht,
Gesagtes noch einmal zu sagen, widerspricht dem Geiste der die auch mit Kants demokratischer und. republikanischer Gesinnung
Kaäntischen Philosophie. im Einklang steht. Wollen aber die :Staatsbürger nicht ihre
=> Kant hat die Wissenschaft als reine Gesetzeslehre aufgefaßt eigene Wohlfahrt im Rahmen des Ganzen, nicht die Wohlfahrt
fund: daher jeder Einzelwissenschaft den Zug zur Erkenntnistheorie der Staatsgemeinschaft?. Gerade dieses Gemeinwohl ist das höchste
ZJugewiesen; die Erkenntnistheorie, deren ureigenktliher Schöpfer Ziel des Staates, es bildet auch den Inhalt des juristijchen
Kant war, ist die Lehre von den obersten Gesezmäßigkeiten. Kant Grundgesetzes. Recht und Gerechtigkeit stehen nicht entgegen ; sie
war ' geradezu ein fanatischer Verehrer des Gesetzesbegriffs. Des- sind nur das formale Gewand. desselben Strebens.
<wegen „mußte er sich auch zu den Rechts- und Staatswissen- Dasselbe Streben weist nun aber weit über sich hinaus; die
schaften besonders hingezogen fühlen; denn diese beschäftigen sih gotische Seele kennt keinen Ruhepunkt. Jenes zweite Motiv der
mit Gesetzen, sei es auch nur mit Geseßen niederen Ranges, unendlichen Aufgabe ertönt mit machtvollem Klange. Das
eben nur mit vergänglichen Gesetzen der ebenfalls vergänglichen juristische Ziel ist das Staatswohl; wozu sind denn aber die
Staaten. . Aber die Gesetze sind dort besonders fein ausgebildet Staaten da? Sie sind doch gewiß nicht Selbstzwe>. Ueber dem
und reich zergliedert. Daher mußte für Kant die Rechtslehre zur juristischen Grundgesetz - erhebt- sich das sozialphilosophische Grund-
Orientierung. auch für die Ethik dienen, und Kant gelangte, geseß; es fordert das Wohl der gesamten Menschheit, die Kultur-
seinem Plane getreu, zur Ausstellung eines obersten Sittengesezes. gemeinschaft aller Völker. Das ist im, wesentlichen der materiale
Man hat geltend gemacht, dieses trage (troß seiner Schatten« LUntergrund des formalen kategorischen Imperativs Kants. Auch
haftigkeit) juristischen, nicht ethischen Charakter. Es mag sein, daß diese Anschauung, die erst die Vollendung einer jeden Staats-
das Individuelle, wie es doch jeder Ethik eigentümlich ist, zu lehre bedeutet, hat ihre erkenntniskritische Vorbereitung im Gesamt-
wenig - berücksichtigt wird, weswegen der Kantischen Ethik auch system der Kantischen Philosophie gefunden. In der kleinen
der oft gepriesene und. noch öfter bedauerte rigorose Zug inne<- Schrift des Alters „Zum ewigen Frieden“ hatte Kant den Weg
wohnen mag. Jedenfalls ist der kategorische Imperativ niht gewiesen. Man hat den ewigen Frieden im Rahmen des Gesamt-
geeignet, als oberstes Geset für den Staat zu gelten; denn er systems nicht als einen wirklichen, von den Staaten jemals zu
nimmt auf die eigenen Interessen und Ziele des Staates zu erreichenden Zustand zu verstehen; dem vollkommensten Völkerbund
wenig Rüdfsicht und richtet sich, weit über die Grenzen der wird es niemals gelingen, den ewigen Frieden unter den Völkern
Staaten hinausweisend, an die gesamte Menschheit. Gerade herbeizuzaubern. Stets werden die Völker im Wettbewerb mit
deswegen ergibt sich vom Standpunkte der Kantischen Philosophie, einander stehen, werden ringen und kämpfen. Das ist gesund,
gemäß ihren eigenen Plänen und Zielen, die zwingende Not- spornt an, beflügelt zu Höchstleistungen, ist die Voraussetzung
wendigkeit, ein oberstes Grundgesez für den Staat zu entdeken. eines jeden kulturellen Aufstiegs. Aber das Ringen und Kämpfen
Ein solches ist ein unbedingtes erkenntniskritisches Erfordernis. hat sich in gesitteten und kulturellen Formen zu vollziehen. Und
Denn muß nicht für das Heer der vergänglichen staatlihen daher wird die überstaatliche Kulturgemeinschaft zur regulativen
Gesetze der gesicherte Untergrund aufgewiesen werden, von dem Idee, der ewige Friede zur Richts<nur für alle Menschen und
sie alle erst ihre Daseinsberechtigung empfangen? Was der Völker in ihrem Verhalten zu einander, Der ewige Friede in
kategorische Imperativ nicht zu leisten vermochte, das muß ein der Welt der Wirklichkeit wäre das Ende aller Kultur; Leibniz
besonderes „juristisches Grundgeset" vollbringen, das seinerseits nannte ihn eine gute Ueberschrift für einen Kirc<hof. Die Kultur
von dem kategorischen Imperativ wiederum seine Daseinsberechtigung kennt ihrem Wesen nach keinen tatsächlichen Abschluß, nur eine
ableitet. Ein solches oberstes Gesetz für den Staat muß nach der ewige Zukunft mit stets neuen Fernzielen. Sie trägt reinsten
systematischen Gesamteinstellung Kants unter allen. Umständen gotischen Charakter. Ihr künstlerisches Symbol ist Goethe-Faust.
herausgearbeitet werden. Kant selbst hat den Weg gewiesen, Der abstrakte Niederschlag des unerreichbaren Endziels in der
freilich an einer Stelle, wo er sich selbst etwas untreu wird. Er Idee findet ihren künstlerischen Ausdru&> in den musikalischen
unterschied zwei Arten von Staat, den Wohlfahrt8- und den Formen des späteren Beethoven, der, tatsächlih unablässig
Rechtsstaatz er billigte den Rechtsstaat, weil die Orientierung ringend und kämpfend, innerlich längst die große Ruhe erreicht und
auf Recht und Gerechtigkeit mit apriorischer Gewißheit feststehe, jene Harmonie gefunden hat, die der Welt fremd ist: In der großen
und ebenso entschieden verwarf er den Wohlfahrtsstaat, weil das gedachten unsichtbaren Gemeinschaft der Völker herrscht Friede und
Wohlergehen vvn den veränderlichen Wünschen und zufälligen Eintracht; dort waltet Gott der Vater; alle Menschen werden Brüder.
Neigungen der Menschen abhänge. Und doch hält er an der - Unser großer Meister, dessen 200. Geburtstag wir heute
alten, schon“: von: Rousseau vertretenen und später besonders feiern, hat das monumentale Portal errichtet, dur< das alle
von Fichte weitergeführten Anschauung fest, daß der Staat auf künftige Staatslehren ihren Einzug halten werden.
Das Kankdenkmal Christian Rauchs.
Von Privatdozent K, H. Clasen.
Z: der Vorstellung, die wir uns heute von der körperlichen ' des Philosophen, geriet gänzlich in Vergessenheit, bis es jezt im
Erscheinung Immanuel Kants machen, liefert die posthume Königsberger Kantzimmer einen würdigen Plaß erhielt. Die
Gestaltung, die Christian Daniel Rauch in mehreren Ausführungen lange Reihe der späteren Wiedergaben von Kants äußerer
prägte, einen entscheidenden Beitrag. In Rauchs Kantdenkmal Erscheinung, das Relief von Collin (1782), der Stih Townleys
fand. die Erinnerung an das irdische Dasein des Philosophen nach Lowes Miniatur von. 1784, die Silhouetten aus Hippels
ihren monumentalsten und vielleicht auch künstlerisch stärksten Nachlaß (1784), die Miniaturen von Senewaldt (1786), die
Ausdrüuc, Die meisten Bildnisse, die noch zu Lebzeiten Kants Stammbucsilhouetten von 1788, Schnorr von Carols-
entstanden, halten sich in anspruchslosem, kleinerem Format und felds Zeichnung (1789) und die Stiche danach, die Miniaturen
verdanken mehr oder weniger ihre Entstehung der zufälliget von Vernet (1792), Puttrichs und Hagemanns Zeich-
Anwesenheit geringerer Künstler in Königsberg. nungen (1798 und 1801), sowie der Stich von Meno Haas
“Eine Zeichnung der Gräfin Keyserling, die diese um (um 1796) blieben in kleinem Format und waren meist für die
1755 von dem jungen Gelehrten anfertigte, wurde erst am Ende engeren Freunde und Verehrer des Philosophen als persönliche
des 19, Jahrhunderts der Deffentlichkeit bekannt. Be&ers Erinnerung bestimmt. Nur die Stiche besaßen einen größeren
Gemälde aus dem Jahre 1768, das für den Kanterschen Buch- Wirkungskreis. Das Gemälde aus dem Dresdener Kunsthandel,
laden allerdings als eine Art von Denkmal bestellt wurde und heute im Kantzimmer, wurde erst 1898 entde>t. Die größte
sich noch heute im Besit der Buchhandlung Gräfe und Unzer Verbreitung hat durch Nachbildung das kleine Gemälde von
befindet, blieb dennoch im Original nur einem kleinen Kreise zur Döbler in der Königsberger Totenkopfloge gefunden, aber das
gänglich. Das zweite Gemälde von Beer, ehemals im Besig Original selbst dürfte, obwohl es 1906 auf der Berliner Jahr-
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