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Bedeutung für die Naturwissenschaft an einer andern7Stelle dieser sinnlichen und der Verstandes-Welt“, die den Uebergang zu Kants
Schrift gewürdigt wird, - v philosophischem System bildet, und wird gekrönt durch die „Kritik
“Wie diese, sind auch die nächsten naturwissenschaftlihen der reinen Vernunft“ (1781). j
Schriften von der einheitlichen Tendenz geleitet, in den Vor- Nach Vollendung dieses großen Werks, dessen geistiger Vor-
gängen der Natur eine Gesezmäßigkeit nachzuweisen: „Die Natur- bereitung diese 10 Jahre gewidmet waren, treten ältere Ideen
wissenschaft ist kein blindes Herumtappen naß Wahrheiten, die wieder in den Vordergrund. Hierher gehören die Schriften zur
sich fragmentarisch und zufällig einander aggregieren lassen, sondern Geschichtsphilosophie (über die in dem Aufsaß „Kant und
ist.an Gesetze gebunden, nach welchen sie aufgesucht werden müssen“. Herder“ gehandelt wird), hierher der Aufsaß „Was ist Auf-
Da diesen Gesetzen aber auch der Mensch unterworfen sein muß, klärung?" (1784). „Habe. Mut, dich deines eigenen Ver-
denn er ist ein Teil der Natur, wendet sich der Bli von den standes zu bedienen“, antwortet er und zeigt zwei Jahre später in der
Naturoxfcheinungen wieder auf die Persönlichkeit des Menschen, Abhandlung „Was heißt: sich im Denken orientieren?“,
seine Stellung in der Welt und ihre sittliche Bestimmung zurü&: wie sich das Genie in Schwärmerei, Aberglauben und Unglauben
„Wenn es irgend eine Wissenschaft gibt, die der Mensch wirklih verirrt, wenn es sich nicht von den Gesetzen der Vernunft, des
bedarf“ heißt eine Stelle im Nachlaß, die Vorländer in diese „letzten Probiersteins der Wahrheit", zügeln läßt -- ein programma-
Zeit stellt, „so ist es die, welche ich lehre, die Stelle geziemend tisches Bekenntnis des kritischen Denkers, . getragen von einem
zu erfüllen, wel<e dem Menschen in der Schöpfung angewiesen warmen und starken Pathos, zu dem sich Kant nicht oft erhoben hat.
ist und aus der er lernen kann, was man sein muß, um ein Eine zusammenfassende Anschauung von Kants Ethik, die
Mensch zu sein.“ ! schon in der „Grundlegung der Metaphysik der Sitten“ und in
Ie mehr Kants akademische Vorlesungen über das Gebiet der „Kritik der praktischen Vernunft“ niedergelegt war, erhält
der reinen Philosophie hinausgriffen, um so weiter dehnte sich man durch den Aufsaß „Ueber den Gemeinspruch: Das mag
der Kreis der in seinen populären Schriften behandelten Gegen«- in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht -für die
stände. Wir <arakterisierten schon seine „Beobachtungen über Praxis" (1793), in dem Kant für die Unbedingtheit des sitt-
das Gefühl des Schönen und Erhabenen“ (1764), die lichen Anspruchs, den der kategorische Imperativ erhebt, eintritt,
Kants glülichster und sorgenfreiester Zeit entstammen, da er in Hier spricht sich Kant auch: zum ersten Male ausführlich und
Königsberg als der „galante Magister“ galt; „es ist voll aller- zusammenhängend über seine politischen Anschauungen aus;
liebster Bemerkungen über die Menschen“, urteilt Goethe: an und die blutigen Ereignisse der französischen Revolution scheinen
Schiller. =- Andere Schriften dieser Zeit knüpfen an aktuelle bestätigende Erläuterungen zu seinen Ausführungen zu geben, in
Ereignisse oder zeitgenössische Probleme an. Als in einem Walde denen er dem weichen und schwärmerischen Jahrhundert die preu-
der merkwürdige Naturmensch Komarni>i mit einem Knaben, der Fischen Worte Obrigkeit und Gehorsam ins Bewußtsein hämmert.
ganz im Naturzustande aufgewachsen war, aufgegriffen wurde, Und die Gedanken, die Kant zwei Jahre später in „Zum ewigen
nahm Kant diesen Aufsehen erregenden Vorfall zum Anlaß für Frieden" entwirft, haben für die Gegenwart vollends höchstes
den „Versuch über die Krankheiten des Kopfes“, und Interesse. Denn hier wird in den ersten Zeilen gegen jene falschen
die phantastischen Visionen des „Geistersehers" Swedenborg PFriedensschlüsse protestiert, die in sich den Keim zu neuen Kriegen
(1688-- 1772), die er in den acht Bänden seiner Arcana coelestia tragen; ' es wird gefordert, daß die Grundsätze der Politik sich
niedergelegt hat, fordern Kants Gegenschrift „Träume eines mit den im Völkerrecht festzulegenden Grundsätzen der Moral
Geistersehers" (1764) heraus. Es gibt unendlich viele Dinge, unbedingt zu de>en haben: „Ein sehr schätbares Produkt seiner
die ich nicht einsehe, bescheidet sich Kant am Ende dieser scharfen bekannten Denkart“, schreibt Goethe an Schiller, „das so wie
und ironischen Polemik, die ich aber, fügt er „mit heiterer Seele“ alles, was von ihm kommt, die herrlichsten Stellen enthält.“
hinzu, auch nicht brauche! Und da hier das Lnerreichbare und Von den etwa siebzig Schriften Kants konnten hier nur die
das Unnötige zusammenfallen, schließt er mit Voltaires Worten: wenigsten erwähnt und auch diese nur durch einige Stichworte
„Laßt uns unser Glü> besorgen, in den Garten gehen und gekennzeichnet . werden. Doch auch diese kleinen Abhandlungen
arbeiten!“ Alle Probleme, die sich auf Gegenstände jenseits eröffnen einen Weg zu der Persönlichkeit des Denkers und zu
unserer Erfahrung erstre>en, kommen für Kant als Themen theo» dem Gang seiner Geiste8entwielung, die mit der Schöpfung eines
retischer Spekulatiou von nun an nicht mehr in Frage. naturwissenschaftlichen Weltbildes beginnt und einer sittlichen Welt-
-. ' Das. Jahrzehnt 1770--1780 wird eingeleitet durch seine anschauung endet, die auf den Glauben an eine höchste Bestim-
lateinische Dissertation „Ueber die Gestalt und die Prinzipien der mung des Menschen gegründet ist.
Das Königsberg Kants.
Von Dr. Walther Harich.
4):? Jahr 1924 stellt den Chronisten vor eine kontrapunktliche " das sittlich handelnde, womit könnte man es besser vergleichen als
Aufgabe: zwei Themen, zwei Jubiläen sind miteinander zu mik der neuen Bestimmung des Altstädtischen Rathauses: der
verbinden. Vor 200 Jahren wurde in Immanuel Kant der Wächter für Recht, Gesez und Sitte zu sein! Und die neue
größte Sohn unserer Stadt geboren. Und im gleichen Jahre Stadt selbst, die nun ein einheitliches Gebilde sein soll, nicht mehr
wurden, wie die Chronik berichtet, „durch Königliche Rescripte drei Städte mit ihren verschiedenartigsten Freiheiten, -- diese
die Magisträte und Stadtgerichte der drei Städte vereinigt und neue Stadt, die troß der „Königlichen Rescripte“ gar nicht viel
die Freiheitschen Gerichte aufgehoben. Den vereinigten Magisträten einheitlicher geworden ist, noch immer keine durchgehenden Haupt»
wurde das Kneiphöfsc<he, den vereinigten Gerichten das Alt- straßen, keine einheitliche Konstruktion besitzt, =- womit sollte man
städtis<e Rathhaus bestimmt, und ein neues Rathhäus- nun diese Stadt selbst vergleichen, wenn nicht mit jenem unüber-
liches Reglement vom 13. Iuni eingeführt.“ wundenen dogmatischen, ja scholastischen Rest in Kants Erkenntnis-
j Mit seinem größten Sohne gleichzeitig wird also Königsberg, theorie: der Kategorientafel! Ach, blieb nicht die Stadt, genau
wenigstens als eine einheitliche Stadt, gewissermaßen geboren, und wie die Kategorientafel, in Stadtteile, Winkel, Freiheiten zerklüftet,
bei Kants Geburt vollzieht sich gewissermaßen mit seiner Heimat» daß man sich nur mühsam und „um die E>e“ von einem Stadt-
stadt etwas ganz Aehnliches, was sich später in seinem philo- teil in den andern drücken kann? -- Und nun vollends das „Ding
sophis<en Lebenswerk vollzieht: die Zusammenfassung der an sich", dem Kant so gleichgültig gegenübersteht, an dem er sein
einander . widersprehenden dogmatisch -skeptishen Methoden der Desinteressement feierlich erklärt, wo ist dieses „Ding an sich":
zeitgenössischen Philosophie zu einer kritischen Methode, und die Landschaft, die Erde, die Atmosphäre, in unsrer Stadt ge-
ihre Beziehung auf einen Mittelpunkt: das I<. Das I< wird blieben! Wie das Denkgesetß bei Kant erst die Dinge schafft, so
für Kants erkenntnistheoretischen SubjektivigSmus dasselbe, was ist diese Stadt durch Gesetze und Verordnungen geschaffen. Aus-
für Königsberg das Kneiphöfsche Rathaus wird, nämlih der gerodet der Zug der Wälder; zugeschüttet die Sümpfe und Wiesen
Mittelpunkt der Verwaltung. Und das praktische I< Kants, der Pregeltäler; vernichtet, was an alten Pruzzensiedlungen man
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