SEEROSEN TT GRZ TG E BÜ ZUSE DIAG
vorfand. Wo der Westen auf anderthalb Jahrtausende alten sicher ' wird koch einer anwesend. “sein: der Staatsrechtler und
Fundamenten baut, immer noch uralte Mauern wie naturgewa<- Volkswirtschaftler der. Albertina, Christian Jacob Kraus,
sen zwischen den jüngeren Bauten aufre>t, -- hier ist alles neu, der fortreißendste. Lehrer, den die Königsberger Universität je
reicht in keinem Fall über die Nitterzeit hinaus. Alles erst durh gehabt hat, und der in seinen Schülern sich unvergänglich in die
Gesetz und Verordnung aus dem Nichts geschaffen; eine neue Geschichte Preußens einschreiben wird. Er bildet einen Stamm
Bevölkerung westlicher Rasse künstlich hier gesiedelt; die Landschaft junger Staatsmänner heran, die bei dem Reformwerk nach dem
verwandelt; ein neuer Stil ihr aufgeprägt; das Vorhandene zurü&- Tilsiter Frieden im Geiste Kants und ihres Lehrers mitwirken
gedrängt, ausgerottet. Das Denkgeseß, das erst die Dinge schafft! werden: Da wird der junge Staaksrat Stägemann Hardenbergs
Was zunächst wie ein scherzhafter Vergleich aussieht, trifft rechte Hand sein. Da wird der junge Theodor v. Hippel,
ins Wesen. Kant und Königsberg, sie gehören zusammen als Neffe des Stadtpräsidenten, den „Aufruf an mein Volk“ ver-
Ausdru> dunkler Wallungen der alten deutschen Stammlande, fassen, Kriminaldirektor Frey die neue Städteordnung enltiverfen.
die in den unerschlossenen Der eine der beiden Brüder
Osten vprbrechen und hier, Freiherrn v. Schrötter
aus kolonisatorischem Willen den Entwurf des berühmten
heraus ein Neuland s<affen, Befreiungsedikts vom 9,
neue Gestalt gewinnen, härter, Oktober 1807 fertigen. Das
starrer als das Wesen des Alles wird schon damals
Mutterlandes. Aber was dort vorbereitet. Schon sitzen diese
auf fruchtbarerem Boden in Männer als junge Studenten
Trieben durcheinander drängt, zu Füßen Kants und Kraus",
hier oben gewinnt es seine Es ist schon ein erster Auf-
Ordnung und gibt als neue takt des Befreiungsedikts,
Ordnung dem Westen zurück, wenn Scheffner auf seinem
was es als Kraft von ihm Gut Sprintla& Versuche
erhalten: den erkenntnistheo» anstellt, durch Schulen und
retishen KritiziäSmus als Lehrgänge seine Bauern gei-
ordnende Methode aller stig und sittlich zu heben.
Wissenschaften; den kate« Auch darüber waltet schon
gorischen Imperativ als der kategorische Imperativ
geistige Haltung und Ge- in seiner zweiten Fassung,
sinnung eines neuen Preußen» die da fordert, daß der
Deutschlands, zu dessenWiege Mensch als Selbstzwe> ange-
und. Ausgang dieses Land, sehen werden soll. =
diese Stadt selber wird. - Vom Butterberg, wo
Kant und Königsberg, Sceffner die heimkehrenden
einander bedingend, einander Freunde verläßt, schweift
durchdringend, schließen das der Bli> über die Pre-
größte Geschenk ein, das gelwiesen bis nach JIudit-
der deutsche Osten der Welt fen, Holstein und Haff»
zu geben hatte: die sittliche strom: Neben dem Fluß
Autonomie des modernen zieht sih der Philosop-
Menschen, die sich im Staat hendamm dur< die Wie-
verwirklicht. . sen, nach Kants täglichem
Hinter diesem Haus Spaziergang benannt. Unten
erst endet das Gelände der am. Fluß liegt jetzt in
ehemaligen Landhofmeisterei, abendlicher Ruhe der Pac-
das zur selben Zeit "drei hof, in dem zehn Jahre
große deutsche Dichter und lang Hamann als Auf-
den größten deutschen seher wirkte. Hinten, wo der
Philosophen beherbergt. In Philosophendamm zwischen
dieses Haus tritt Kant ein Inneres der früheren Grabkapelle den Häusern verläuft, am
und holt Hippel zu einem | Kants. „Alten Graben" etwa, saß er,
Gang nach dessen herrlichem der „Magus des Nordens“,
Garten vor dem Steindammer Tor ab, an der Stelle des bis in die späte Nacht in furchtbarer Einsamkeit, der zweite
heutigen Luisen-Wahl. Und wahrscheinlich werden die beiden Große, den Königsberg damals beherbergte, und seine lezten
Freunde unterwegs no; vom „Butterberge" den Dritten Aufzeichnungen galten einer „Metakritik der Kritik der
im Bunde abholen: Scheffner, der seit 1795 von seinem Gut reinen Vernunft“, in der "er die Einheit der Offenbarung
Sprintla> wieder in die Stadt gezogen ist und sich' nahe der der kritishen Scheidung Kants entgegensetzte. Gedanken,
Neuroßgärter Kirche niedergelassen hat. Und unter den alten die dann Herder im fernen Weimar ausführte und in
Bäumen des Hippelschen Gartens bei den „Vorderhübnern“ er- flammender Gegnerschaft gegen Kant in die Welt warf.
gehen sich die Freunde in ernsten und heitern Gesprächen. Unter Die große Gegenbewegung, die ebenfalls von Königs-
denselben Bäumen, unter denen Scheffner nach dem Tilsiter Frieden berg ausging und in das 19, Jahrhündert und die fernere
no< mit der Königin Luise und den Prinzen wandeln wird. Zukunft hineinzündete. =- |
Derselbe Sceffner, der schon im Siebenjährigen Kriege mitfocht Ueber dem kleinen Haus in der Prinzessinstraße ragt. der
und der noch des jungen Heinrich v. Kleists und Schenken- alte Turm des Schlosses. Wie lange ist es her, daß der kleine
dorfs Freundschaft genießen darf. Fritz Reichardt dort oben vom Stadtmusikus den ersten Unterricht
So mancher von näheren und weniger nahen Bekannten erhielt? Jetzt weilt auch er, wie Herder, in Mitteldeutschland,
wird sich vielleicht no< in Hippels Garten einfinden. Vielleiht auf dem Giebichenstein bei Halle, und gerade ist, wie einige
Wannowski, Leiter der späteren Burgschule, der auf seinen Jahre vorher bei Herder, die große Entfremdung mit Goethe
jungen Schüler Hoffmann durch seine in gebrochenem Deutsch; eingetreten, der die Pariser Revolution verabscheut, während
gehaltenen Schulvorträge unvergeßlichen Eindrh> machte. Und Reichardt ihr zujubelt.
I