der Welt hindurch, Denn die Erlösung des Ich wird vom Ich ersehnt
vom Boden der Welt aus, durch das Weltgeschehen hindurch, über
das Weltgeschehen und Weltdasein hinaus. Die drei metaphysischen
Ideen der praktischen Vernunft, die dort den Zentralbau der in ein-
samer Höhe thronenden kantischen Metaphysik und weiter der Meta-
physik des Abendlandes überhaupt bilden, werden in der Religion in
die Dynamik des geistigen Kulturlebens des Individuums eingefloch-
ten, um ihr einen Mittelpunkt zu geben, um den das geistige Kultur-
weben des einzelnen herumschwingen soll.
5. Gewiß sind diese Gedankenreihen, die hier nur in zusammen-
gedrängter Skizze entwickelt werden durften, von Kant bloß in ihren
Fundamenten angesetzt; gewiß hat er nicht ein hochstöckiges Ge-
bäude darauf gebaut; aber dennoch hat er den in diesen Andeutungen
konstruierten Begriff einer allgemeinen Kulturreligion geschaut und
gefühlt. Das Mißverständnis, als ob damit das mögliche Faktum
einer Religion zur Erörterung steht, wird jetzt nicht mehr aufkom-
men. Kulturreligion kann nur den theoretischen Inbegriff der mög-
lichen Normen für jede (kulturaufbauende) Religion als Faktum be-
deuten. Es ist wieder die hier schon so oft vollzogene Wendung von
den bloß formalen Prinzipien zu der Erfüllung mit konkretem Inhalt,
die eine neue Seite der kantischen Problemstellungen auftut. Die
Richtung dieser Wendung aber ist, wie auch sonst schon, bestimmt
durch den Gedanken, den moralischen Wert zur Universalität der
Werte überhaupt zu erweitern, ihn zum Repräsentanten der Gesamt-
heit der Kulturwerte zu machen. Bevor wir aber Kants Problem einer
Zeichnung der Grundlinien des religiösen Kulturbewußtseins im ein-
zelnen an seiner Darstellung der Vernunftreligion nachzuprüfen su-
chen, werfen wir kurz einen Blick auf die gegenwärtig weithin geübte
Methode der religionspsychologischen Untersuchungen.
Diese Methode mit ihren verschiedenen, teils materialistischen, teils
pragmatistischen, teils kritizistischen oder metaphysischen Hintergrün-
den macht sich vielfach anheischig, das Problem des religiösen Gegen-
standes, soweit Philosophie dazu das Wort ergreifen darf, nach Form
und Inhalt in erschöpfender Weise zu lösen. Bei Kant indessen findet
sich diese Problemrichtung nicht und somit bedarf es der Rechtferti-
gung der kantischen kulturphilosophischen Methode gegenüber diesen
psychologischen Wegen. So verständlich es ist, wenn auf die hoch-
fliegenden und über die Eigensphäre des Religiösen hinausgreifenden
Spekulationen Schelling-Hegelscher Konstruktion des religiösen Ge-
genstandes ein Rückschlag eintrat, der das Religionsproblem in die
160