Full text: Kant

mentalmusik drückt etwas aus und besitzt daher einen Sinn, der als 
Sinn Beziehung zum Begriff und Wort hat. Nicht anders steht es mit 
der schönen Landschaft in der Natur. Sofern sie schöne Landschaft 
ist, drückt sie in der Harmonie ihrer Einstimmungen wie ihrer Gegen- 
sätze einen Sinngehalt aus, der über ihr bloßes natürliches Dasein 
hinausgeht. Die Landschaft hingegen, bloß als Natur gesehen, drückt 
in dieser Weise als Einheit nichts aus, wenn sie auch einzelne Gegen- 
stände, wie Häuser, Bäume, Seen enthält. Wenn es erlaubt ist, den 
ästhetischen „Inhalt“ im sinnlich fixierten Stimmungsgehalt einzu- 
fangen, so ist es dieser, der hinzukommen muß, um die Landschaft 
als schönen Gegenstand wirken zu lassen. 
Kant fixiert daher diesen Sinnbezug des schönen Gegenstandes 
durch den Begriff der ästhetischen Idee, die natürlich nicht in den 
drei metaphysischen Grundideen Gott, Welt und Seele aufgeht, jedoch 
nicht ohne Zusammenhang mit ihnen ist. Sie unterscheidet sich von 
ihnen auf das Bestimmteste durch ihre Konkretheit, und zwar in dop- 
pelter Weise. Sie ist stets individuell in der sinnlich-anschaulichen 
Sphäre dargestellt und kann nur individuell darstellbar sein. Das 
Schönsein der Tulpen kann sich niemals auf alle Tulpen, sondern 
immer nur auf einzelne Exemplare beziehen, wie Kant selbst anmerkt. 
(V, 285.) Die ästhetische Idee ist ferner im Vergleich zu den meta- 
physischen Ideen, auf ihren begrifflichen Gehalt angesehen, ein Be- 
sonderes, unter jenen Ideen Stehendes. 
Die ästhetische Idee ist konkrete Kulturidee. Die Beispiele, die Kant 
zur Verdeutlichung anbringt, sprechen klar für diese Behauptung. 
Er teilt sie in zwei Gruppen. Die eine umfaßt die übersinnliche Welt 
und nähert sich den metaphysischen Ideen. Die andere taucht in die 
Erlebnisschicht der sinnlichen Kulturerfahrung ein. Die dichterische 
Darstellung des Reiches der Seligen, des Höllenreiches, der Ewigkeit, 
der Schöpfung umschreibt den Kreis jener allgemeinen Ideen des 
Kulturlebens, die im Mittelalter von ausgesprochener Normativität 
waren und die auch in der neueren Zeit — man denke an Dantes 
Göttliche Komödie — zu den tieferen lebendigen Kulturmotiven ge- 
hörten. Auf der Seite der speziellen Kulturmächte finden wir die 
kulturhemmenden und die kulturfördernden im Tod, Neid und allen 
Lastern und in der Liebe, dem Ruhme. (V, 314 f.) 
Diese Ideen bilden eine Gesamtheit, deren Einheitsprinzip Kant in 
dem Begriffe findet, in dem wie in einem Brennpunkte all’ die Linien 
zusammenlaufen, mit denen später Hegel die Kulturprobleme im ein- 
zelnen auszuziehen versucht. Der Begriff des Geistes tritt hier zum 
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