schen Erscheinungen geben, die sie nicht als das kausal bedingte
Wirkliche im Bewußtsein betrachtet, sondern in ihnen Akte der Frei-
heit sieht. Kant hat zu dieser Problemstellung nur die Grundlinien
gezogen, indem er hinter dem empirischen Charakter den intelligiblen
Charakter zum individuellen Träger der Freiheit und ihrer Gesetzlich-
keit macht. Und schon in der moralischen Gesetzgebung und ihrer
Beziehung zum Ich macht sich Kant die Bahn frei, um das theoretisch
leere Ding an sich mit dem praktischen Gehalt der Sittengesetzgebung
anzufüllen, wie uns frühere Analysen gezeigt hatten. Der intelligible
Charakter wird so zum individuellen Einheitspunkte für die Kultur-
wertordnung, sofern sie als Gesetz der Freiheit einem Bewußtsein muß
zugeordnet werden können, das aus dieser Freiheit heraus seinen
Gestaltwillen der Wirklichkeit aufzwingt.
Die neue Denkpsychologie*® sucht den teleologischen und kausal-
mechanischen Standpunkt in kritischer Form zu vereinigen, indem
sie am Bewußtseinserlebnis und seiner inhaltlichen Bestimmtheit der
Bedeutung eine objektive und eine subjektive Funktion unterscheidet.
Vom Ich aus gesehen, das das Bedeutungserlebnis hat, ist dieses mit
den benachbarten Bedeutungserlebnissen durch eine in der Schicht
gültigen Sinns belegene Kontinuität verknüpft. Der Sinnzusammen-
hang, dessen Gliederung durch die Gültigkeit bedingt ist, ist es, mit
anderen Worten, der den Ablauf der Bedeutungen im Bewußtsein be-
stimmt. In dieser Unabhängigkeit vom kausalen Zusammenhang be-
gründete sich das Prinzip der Freiheit, das auch die Zweckvorstel-
lungen, die ja ebenfalls Bedeutungserlebnisse sind, umspannt. Von
der gegenständlichen Seite indessen gesehen, ist jeder Bewußtseins-
vorgang in der Zeit- und Rangordnung bestimmt und daher kausal
bestimmt im Sinne der Zugehörigkeit zur Naturordnung. So gelangt
das Intelligible aus seiner abstrakten Einsamkeit, die es zunächst bei
Kant erlangt hatte, wieder zurück in den Fluß wissenschaftlichen
Erkennens. Das Übersinnliche wird in der Zweckvorstellung zum vor-
gestellten Gültigen.
2. Für den Zweckbegriff ergibt sich aus diesen Betrachtungen eine
Reihe von Voraussetzungen. Zweck setzt voraus, daß er einer Welt der
Freiheit angehören kann; denn er ist irgendwie sinnhaft Gültiges.
Er ist ferner objektiv gültig, sobald er schlechthin gesollt ist. Die
anderen Zwecke sind nur von eingeschränkter Gültigkeit. Ferner muß
jeder Zweck gewollt sein können. Daher weist jeder Zweck auf eine
ihn wollende Vernunft und daher auf einen ihn setzenden Verstand
zurück. Der Zweck hat eine normative Bedeutung gegenüber einer
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