Full text: Kant

ı 6. Persönlichkeit, Kulturbewußtsein und Metaphysik 
1. Die beiden großen Grundrichtungen methodisch geleiteter Ana- 
lyse, die subjektive und die objektive, finden ihren begründenden 
Ausgangspunkt in der Korrelation zwischen der Ichheit und der logi- 
schen Urteilsgesetzlichkeit. Die Analyse kann die Richtung von der 
TE Ichheit weg zum Urteil nehmen, und dann ist sie eine gegenständliche 
Sehweise, während sie im umgekehrten Falle ichhafte Sehweise ist. 
® Eine Richtung, eine Sehweise, eine Funktion des Erkennen soll da- 
. durch gekennzeichnet werden, nicht ein zu erkennender Gegenstand, 
nicht das statische Inhaltsmoment, um dessen Aufhellung im gegebe- 
nen Einzelfall sich das Erkennen drehen mag. So kann die Ich- 
gliederung sowohl in der gegenständlichen Richtung, wie in der ich- 
gerichteten Funktion untersucht werden und ebenso weist die Urteils- 
gesetzlichkeit für die Analyse eine Ichweise und eine gegenständliche 
Weise auf. Kant analysiert das Ich, den Gegenstand und deren Kor- 
relation in den Kritiken der reinen und der praktischen Vernunft in 
der gegenständlich gerichteten Sehweise. Dagegen wendet sich die 
Richtung seiner Analyse in der Kritik der Urteilskraft, die er darum 
nicht mehr als bestimmende, sondern als reflektierende zum Gegen- 
stande seiner Betrachtung macht. Im ersten Falle steigt Kant von den 
Prinzipien des Denkens und Handelns hinab zu den Besonderungen, 
im zweiten hinauf zu den Prinzipien. Zuerst sind es die Gegenstände, 
auf die sich das Denken und die Vernunft richten, dann ist es das 
Denken und die Vernunft selber, die Gegenstand der Zergliederung 
durch den theoretischen Verstand werden. Konsequent ist diese Rück- 
wendung allerdings erst bei Fichte und noch mehr bei Hegel ausge- 
bildet, aber sie setzt schon bei Kant an. 
Den Inhalt der Vernunft sieht Kant zwar nicht als gegeben an, aber 
indem er ihn analysiert, bestimmt er ihn aus den Gegebenheiten der 
einzelnen Wissenschaften, während die Späteren diesen Inhalt aus 
dem Begriff der Vernunft selbst, aus ihrer eigentümlichen Dialektik 
herleiten, das Verfahren der Vernunft als Selbstaufspaltung ihres 
eigenen Inhalts begreifend. Kant analysiert nur „unsere‘ Vernunft, 
aber diese unsere Vernunft ist nur begreiflich unter der Bedingung 
der absoluten Vernunft, deren Gesetzlichkeit sich daher immer wieder 
in die Analysen der endlichen Vernunft einzwängt. Gerade an den 
höchsten Bezügen der Vernunft, am Logischen als Prinzip, macht sich 
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