der Zwecksetzung als Tatsache liegt. Dies müßten Zweckinhalte sein,
die nicht nur für das sie setzende empirische Einzelich, auch nicht
bloß für die gesamte Menschheit gelten, sondern die schlechthin, ganz
unabhängig von allen Gemeinschaften, gültig sind.
Die ersten Erkenntnisse wissenschaftlicher Art, etwa die zum Teil
noch instinktive Verwertung der Naturgesetze beim Bau von Werk-
zeugen und Wohnhütten, die primitive quantitative Bewertung und
Verwertung irdischer Glücksgüter, tragen zunächst den Stempel jener
ausschließlichen Nützlichkeit, die über das unmittelbare Wohlbe-
finden des eigenen Ich oder des eigenen Stammes nicht hinauszusehen
vermag. Aber sobald einmal die gedankliche Erfassung der Wirk-
lichkeit in systemhaft geformten Begriffen eingesetzt hat, löst sie sich
mehr oder weniger vom Ziele des eigenen und des gemeinsamen Nut-
zens ab; sie wird selbständiges Ziel, sie wird um ihrer selbst willen
erstrebt. Der Gedanke reißt sich aus seiner dienenden Stellung em-
por und gewinnt Herrscherdasein, ausgestattet mit innerer Selbstän-
digkeit.
2. So hebt sich aus dem Gewirr der subjektiven Zwecke die Wahr-
heit und deren Erforschung als ein Selbstzweck heraus, der gar nicht
mehr darnach fragt, ob er den Menschen zur Glückseligkeit verhilft
oder nicht. Das subjektiv Geistige ist zu einer Stufe des objektiven
Geistes geworden. Die Wahrheit überhaupt und die besonderen Wahr-
heiten, die die Wirklichkeit in einzelne Gebiete abgrenzen, gewinnen
ein eigentümliches objektives Dasein, das über der Wirklichkeit und
über der Tatsache bloßer Zwecksetzungen steht. Die Selbstbesinnung
führte Sokrates in seinem Kampfe gegen die Sophisten zur Entdek-
kung des Lösungsweges für das Problem der Wahrheit überhaupt,
nachdem die Frage nach einzelnen Sondergebieten der Wahrheit, we-
nigstens implizit, bereits von den jonischen Naturphilosophen gestellt
worden war. Und sogleich ward die Weltweite dieser Gedanken, als
über Zeit, Raum und Materie stehenden Inhalten, von ihren Urhebern
gefühlt und verstanden. Es gibt nur die Wahrheit schlechthin über
einen Gegenstand und nicht verschiedene Wahrheiten darüber. Hier
war ein Ziel gefunden, dem sich die Menschheit als Ganzes unter-
ordnen und dem sie alle ihre einzelnen Zwecke einordnen mußte,
gleichviel ob und wieweit sie sich bewußt wurde, dieser Unterordnung
entsprechend zu denken und zu handeln, gleichviel wieweit sie die
Erkenntnis der Wahrheit als Mittel für ihre ökonomischen Zwecke
ausnützte. Im Wahrheitsbegriff war ein Inhalt, ein Gegenstand ent-
deckt, dessen Sein völlig unabhängig war von allen Besonderungen,