Full text: Kant

Der Gottesbegriff ist aber implizit bereits begründet; denn die Kor- 
relation zwischen Personalität und Welt ist nichts anderes als Gott 
selbst, sofern sie als geschlossene Ganzheit betrachtet wird. Sie muß 
dann sowohl personal gefugt sein, wie auch an der Existenz der Welt 
teilhaben. Sie muß als Seelenganzheit um die ganze Welt wissen und 
zugleich als Person die Substanz der Welt sein, die sie „produziert“ 
hat. Die Welt muß für Gott die Personalität Gottes sein; soll mir Gott 
gegenwärtig sein, so muß in seiner Personalität die Welt enthalten 
sein. 
Die großen Gegenstände der Metaphysik Kants sind somit nicht nur 
die gegebene Gegenstandswelt der Metaphysik des achtzehnten Jahr- 
hunderts, die Kant vorfand, sondern sie erweisen sich auch jetzt aus 
seinen erkenntnistheoretischen und wertphilosophischen Grundbe- 
stimmungen mit überzeitlicher Notwendigkeit hervorgegangen. In 
ihnen faßt sich der Ewigkeitsgehalt der Metaphysik schlechthin zu- 
sammen. Materialistische wie pantheistische Metaphysik lassen sich 
diesem wertphilosophischen Metaphysikbegriff eingliedern. Die Ma- 
terie ist im Materialismus der alle anderen Werte umfassende Wert, 
sodaß die materialistische Ethik nur diejenigen Werte anerkennen 
kann, die unmittelbar durch die Materie für ein Bewußtsein verur- 
sacht sind, d. h. die hedonistischen Lustwerte. Die Materie ist darın 
der letzte Maßstab für alle Wertung; sie ist der höchste alle anderen 
aus sich ableitende Wert. Als Ganzheit ist dieser Wert notwendig die 
Spitze einer Wertrangordnung, nur daß die Persönlichkeitsstruktur 
überaus flach und dünn hineingesät ist. Der Materialismus kann kon- 
sequenterweise den Persönlichkeitswerten nicht gerecht werden, weil 
sie für ihn nur Grenzbegriffe bedeuten. Der Pantheismus verfällt der 
entgegengesetzten Verdünnung der personalen Wertrangordnung, in- 
dem er den gesamten Weltinhalt so in sie hineinstellt, daß die Kor- 
relation Person—Weltganzheit ihr personales Glied aufhebt zugunsten 
des Begriffspaares Gott—Weltganzheit, das nun allein seine ganze 
metaphysische Gegenständlichkeit ausfüllt. Gott verliert daher in ihm 
zugunsten des Weltinhaltes an seiner personalen Struktur. 
Die positivistische Philosophie endlich, — um hier nur besondere 
Zuspitzungen der Metaphysik zu betrachten, -— die von der Meta- 
physik nichts wissen will, macht die Tatsache zum höchsten Werte, 
indem sie sie mit teleologischen Funktionen ausstattet, die auf soziale 
Beglückung der Menschheit abzielen. Es wäre eine reizvolle Aufgabe, 
die auf ihrem Boden möglichen und tatsächlich erwachsenen Persön- 
lichkeitsbegriffe und Wertrangordnungen darzustellen. 
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