Subjekt und Objekt in Erkennen ist aufgehoben in einem logischen
Subjekt, dem das Objekt eingegliedert wird.
3. Dieser Herrschaftsfunktion des Logischen in seiner deduktiven
Gestalt im Rationalismus treten die Wurzeln des Sensualismus als
eine völlig sie ausschließende Geisteshaltung gegenüber. Hier ist der
Herr das faktisch wahrgenommene Objekt in seinem Empfindungs-
gehalt, und der Knecht ist das erkennende Ich, dem das Objekt gege-
ben wird, ist das denkende Bewußtsein, das erkennt, indem es den
Inhalt „erfährt“. Und somit ist die Quelle aller Erkenntnis die Er-
fahrung, d.i. die sinnliche Wahrnehmung des einzelnen Falles. Mit
dieser Einstellung auf die Erkenntnis und das Gegenstandsgebiet des
Lebens verträgt es sich durchaus, wenn die Prinzipien der Sittlichkeit
auf den sinnlichen Genuß der Dinge dieser Welt und auf eine Glück-
seligkeit zugespitzt werden, die auf einem Genießen beruht, in dem
das Ich sich an die Dinge hingibt. Es ist ein Untergehen der Selbstig-
keit, ein Verschwinden des Ich mit seiner Eigengesetzlichkeit, wenn
es in der gleichförmigen und gleichgültigen Naturgesetzlichkeit der
Objekte aufgelöst wird.
Aus dieser Stellung der Wahrnehmung als erzeugender und krite-
rienhafter Mittelpunkt der Erkenntnis und Lebensform des Menschen
lassen sich zusammenfassend vier Bedingungen herausheben:
Nach der Lehre des Sensualismus und Empirismus hat die erken-
nende Vernunft keine Selbstgesetzlichkeit. Denn die traditionelle de-
duktive Logik erlaubt nicht, Inhalte zu erkennen, weil die Erkennitnis-
inhalte sich zuerst in der Wahrnehmung formen und durch den Ver-
gleich mit anderen Wahrnehmungsinhalten zu logischer Allgemein-
heit erhoben werden. Daher ist jede deduktive, aus den Allgemein-
begriffen und den logischen Prinzipien ableitende Methode der ein-
zelnen Wahrheiten über die Dinge unmöglich; es kann nur Induktion,
nur Verallgemeinerung der einzelnen Erfahrungen zu wahren Er-
kenntnissen führen.
Unsere Erkenntnisse können infolgedessen immer nur für Erfah:
rungsgegenstände gültig sein. Darüber hinaus können wir nichts wis-
sen. Die Metaphysik und ihre Gegenstände sind bloße Erdichtungen,
die für uns keinen gegenständlichen Wert besitzen. Was die Erfahrung
und ihren Umkreis übersteigt, ist für uns unerkennbar. Auch der
Gewißheitsgrad unserer Erkenntnis, nicht nur ihre Gebietsweite, ist
herabgesetzt gegenüber den Ansprüchen des Rationalismus. Das Induk-
tionsverfahren erlaubt nur relative Wahrheiten zu erkennen. Die Gül-
tigkeit der Induktion ist selbst nur eine beschränkte, weil sie sich auf
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