Alles bestimmt wird, wie Eckehart erklärt, so drückt sich darin die
Identität zwischen Anschauung und Begriff in der absoluten Erkennt-
nis aus. Das Alles als das Prinzip jeglicher besonderen Bestimmtheit
und das Nichts, das das Etwas verneint, sind nur zwei Seiten des-
selben Konkret-Allgemeinen. Das Alles als die mögliche und aktuelle
Fülle des Besonderen ist das Prinzip der absoluten Deduktion, wäh-
rend das Nichts vom Besonderen aufsteigt und durch absolute Ab-
straktion des Besonderen sich zum Allgemeinen ausweitet.
Diesen den deutschen Idealismus des 19. Jahrhunderts in seinen
Erlebnishintergründen leise vorbereitenden Ideen gesellt sich am Aus-
gang des Mittelalters allmählich ein neuer Gedankenkreis hinzu, der
diese sich nur aufs Ich zurückziehende Erlebnismannigfaltigkeit um
den Ausblick in die objektive Welt des Diesseits erweitert. Der Welt-
begriff begann die aristotelisch-spekulative Basis zu verlassen, er
trennte sich vom Umkreise der spekulativ erkennbaren Gegenstände
ab, so daß die Ratio und die Welt, gegeneinander Selbständigkeit ge-
winnend, in größeren methodischen Abstand voneinander gerieten.
Aus diesem Abstande wuchs das neue, das kritische Erkenntnis-
problem hervor. Wir haben es hier nur mit seiner durch die Mystik
bedingten Fassung zu tun.
Die mystische Vereinigung mit Gott geht bei Nicolaus von Cusa
von der Spannung zwischen dem Endlichen und dem Unendlichen
aus, zwischen der wahrnehmbaren Welt und Gott als dem absoluten
Werte. Der ratio, die in Bejahung und Verneinung das Endliche der
Dinge erkennt, tritt als höchster Maßstab und als Ziel des Erkennens
die docta ignorantia gegenüber. Auf das Unendliche in Gott gestützt,
sucht der Cusaner zu zeigen, daß in jedem Dinge der Essenz nach alle
übrigen Dinge enthalten sind. Daher enthält auch das Denken des
einzelnen Menschen die Vorstellungen von allen Dingen; seine Seele
bedeutet mit ihren Inhalten eine individuelle Schöpfung des Univer-
sums. Die für die unio mystica vorauszusetzende Strukturanalogie
zwischen Seele und Gott erweitert und vertieft sich jetzt zur erkennt-
nistheoretischen Korrelation zwischen Seele und Welt. Die erste ge-
lungene Übertragung dieses erlebnismäßigen Zusammenhangs in die
wissenschaftliche Sprache des Begriffs ist Leibnizens Monadenbegriff.
Die Inhalte der Monade spiegeln in einer ihr eigentümlichen Weise
die Weltinhalte in geordneter Form wieder. Diese Ordnung aber ist
trotz der Substantialität der Monade durch die ichgegliederte Einheit
und Ganzheit des individuellen Bewußtseins bedingt.
Je mehr der naturwissenschaftliche Weltbegriff zu erstarken be-
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