Full text: Kant

Bewußtsein. Auch das Kausalprinzip wurde als eine solche Idee ge- 
deutet, die dann im Bewußtsein als Vorstellung zeitlich vor den Ein- 
zelerfahrungen vorangehen müßte. Fundamentale Wahrheiten seien 
so beschaffen, daß jeder Geist ihrer bewußt sei, daß sie jedem evident 
als wahr einleuchten müßten. Aber dieses Apriori kann immer nur 
die Allgemeinheit und Notwendigkeit des tatsächlichen Anerkannt- 
seins unter den Menschen betreffen, geht nur auf den Inhalt des com- 
mon sense, die Tatsache der allgemeinen faktischen Übereinstim- 
mung, nicht aber auf ihre davon ganz unabhängige logische Gültig- 
keit. Mit dergleichen zeitlichen Vorgängen hat es Kants Problem 
nicht zu tun. 
Dennoch verliert Kant nicht die Brücke zum Sensualismus. Sein 
Apriori wird mit dem Ich und seinen sensualen Erlebnismöglichkeiten 
verknüpft. Denn es hat zwei Funktionen. Zwar steht es einerseits 
durch seine Beziehung zur Urteilsgesetzlichkeit im objektiven Gebiet 
der Wissenschaft, ist es ein ideeller Sinnzusammenhang, ein geistiger 
Gehalt, gelöst von aller Dynamik des Lebens, gleichgültig gegen seine 
psychologische Verwirklichung und ihre Träger, anderseits aber wie- 
derum, um entstehende Erkenntnis im empirischen Ich an den Nor- 
men der Wahrheit messen zu können, bedarf es des Stromes des Er- 
lebens, der Kontinuität der Bewußtseinsinhalte, ist es ein psychisches 
Ereignen, eine Erscheinung des Ich gleichsam in seiner logischen 
Innerlichkeit, ist es der Quellpunkt des Ich, von wo aus es erst sich 
mit dem allgemeinen menschlichen Lebensgefühl zu verflechten im- 
stande ist, wo es Bedingung wird für das Verhältnis unserer Seelen- 
kräfte zum metaphysisch gedeuteten Weltbild, wo es Bedingung wird 
für die Einheit des Kulturbewußtseins. 
z2
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.