losigkeit der kritischen Methode hervor. Sie nimmt in den Gegen-
standbegriff nur das auf, was sich selbst begründet, hinter dessen
Gültigkeit nicht zurückgefragt werden kann. Sie nimmt aber auf der
anderen Seite auch alles auf, was den Erkenntnisbegriff definiert, in-
dem sie die Anschauung im vollsten Umfange ihrer selbständigen
Rechte in den Erkenntnisbegriff eingehen läßt. Dabei gewinnt diese
Methode die Garantie, nichts unanalysiert draußen stehen zu lassen,
was sich sonst in unbestimmter und damit unkontrollierbarer Gestalt
nachträglich in die Analysen einschleichen könnte und damit das
Prinzip der Voraussetzungslosigkeit zunichte machen würde. Man
darf diese Methode nicht als ein technisches Definitionskunststück
bewerten, sondern sie ist das Ergebnis von rein theoretischen Über-
legungen, die in bis dahin unerreichte Tiefen der Systematik des Er-
kenntnisbegriffes eingedrungen sind.
Kant beantwortet nicht die Frage, warum es im einzelnen Falle
erlaubt ist, von der psychologischen Einheit der Wahrnehmungs-
inhalte aus auf die logisch-gegenständliche Einheit zu schließen, son-
dern er sucht nur die allgemeine Bedingung dafür auf, daß es über-
haupt erlaubt und begründet ist, zur logischen Einheit im Erfah-
rungsurteil fortzuschreiten. Die Frage, warum im besonderen Falle
vom gegebenen Wahrnehmungsakte aus zum Erfahrungsurteil weiter-
gegangen werden darf, gehört einer anderen logischen Ebene an, näm-
lich der der Urteile a posteriori. Es ist ein Problem, das innerhalb
der besonderen Methoden der Naturwissenschaften gelegen ist, das
also die allgemeinen Gegenstandsprinzipien schon als gültig voraus-
setzt. Die bedingte Allgemeinheit des einzelnen Erfahrungsurteils ge-
hört daher nicht in die Problemstellungen der transzendentalen Lo-
gik, sondern ist eine eigene Angelegenheit der speziellen Methodologie
der Naturwissenschaften, und dies ist eine Aufgabe, die sich Kant
nicht zu stellen brauchte, weil er es nur auf die Prinzipienfragen ab-
gesehen hatte.
Gleichwohl wird Kant in seiner allgemeinen Fragestellung dem in-
dividualisierenden Faktor des Daseins der Gegenstände in den Natur-
wissenschaften durchaus gerecht. Weil das alogische Erlebnisprinzip
der Ichheit als selbständiges Glied in die Korrelation zwischen Indivi-
duellem und Allgemeinem eingeht, verflüchtigt Kant den Gegenstand
nicht zu einer bloßen Einheit von Urteilsrelationen; er macht ihn nicht
zu einem Begriff von Urteilsbeziehungen. Er wird nicht in Gültig-
keit und Gültigseiendes sublimiert. Es bleibt ihm sein individuelles
Dasein als ein selbständiger Wert erhalten. Kants Idealismus besteht
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