Full text: Kant

nach den Gründen für die Kategorien, so kann die Antwort nur durch 
diese Korrelation gegeben werden, die im formalen Urteilsbegriff und 
seiner Einteilung die letzten Bedingungen für die Kategorien enthält. 
Von außen besehen, gewinnt Kant die Kategorien nicht durch die 
logische Analyse des tatsächlichen Erkenntnisbestandes, wie er in der 
Mathematik und den Naturwissenschaften vorlag, sondern er über- 
nimmt sie aus dem Tatbestande der traditionellen formalen Logik, 
diesen in einigen Punkten allerdings zu größerer Symmetrie und Voll- 
ständigkeit ausrundend. Die so entstehende Tafel der Urteile läßt ihn 
ein geschlossenes System von viermal drei Kategorien gewinnen, die 
die formallogischen Einheitsfunktionen des Urteils bedeuten. Aus der 
formallogischen Einteilung der Urteile nach den Prinzipien der Quan- 
tität, Qualität, Relation und Modalität, die also keine Kategorien, son- 
dern Urteilsprinzipien sind, schöpft Kant durch seine „metaphysische 
Deduktion“ die bekannte Kategorientafel. Die Deduktion ist meta- 
physisch, weil die Kategorien nur nach formallogischer Methode aus 
bloßen Begriffsverhältnissen, wie die traditionelle Metaphysik auch 
zu tun vorgab, abgeleitet sind. Die gegenständliche Bedeutung und 
Gültigkeit der Kategorien kann aus dieser Deduktion noch nicht er- 
schlossen werden. Es bedarf des neuen Gesichtspunktes der Zranszen- 
dentalen Deduktion, um den Nachweis zu liefern, daß den Kategorien 
zugleich die Bestimmungsfunktion der Gegenstände der Erfahrung zu- 
kommt. Die Gegenstandsfunktion des Urteils war von Kant in der 
Korrelation mit dem Ich als Prinzip des Erlebens von Anschauungen 
erkannt worden. Infolgedessen kommt den Kategorien gegenständ- 
liche Gültigkeit zu, weil und sofern sie Anschauungen bestimmen. 
Kant bestimmt geradezu die Kategorien als die „Funktionen zu ur- 
theilen, so fern das Mannigfaltige einer gegebenen Anschauung in An- 
sehung ihrer bestimmt ist‘. (III, 115.) Die Ausführung dieser Be- 
ziehungen der Kategorien zur Erfahrung nennt Kant ihre transzen- 
dentale Deduktion. 
Im einzelnen ist durch diese Deduktion z. B. das formallogische 
Prinzip der Quantität der Urteile, das die allgemeinen, besonderen 
und einzelnen Urteile unter sich befaßt, in seiner gegenständlichen 
Gültigkeit erwiesen. Dem allgemeinen Urteil entspricht die gegen- 
standbestimmende Kategorie der Einheit, dem besonderen Urteil die 
Vielheit und dem einzelnen Urteil die Allheit, weil, wie Kant zu be- 
merken nötig findet, die Allheit nichts anderes als die Vielheit, als 
Einheit betrachtet, ist. Man sieht schon an dieser gepreßten Über- 
leitung aus der Sphäre der formalen Logik in die transzendentale, daß 
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