Y Kant, um die genaue Korrespondenz zwischen der Urteils- und Kate-
a gorientafel herzustellen, nicht ohne künstliches Zurechtrücken aus-
E kommt, der Ableitungen anderer Kategorien wie der Qualität, der
o Substantialität, Kausalität und Wechselwirkung nicht zu gedenken.
„ 6. Diese zurechtgeschnitzte Korrespondenz zwischen den formal-
logischen Urteilsprinzipien und den gegenständlichen Kategorien er-
weitert sich aber zu einem unheilbaren Riß, sobald man den Gedan-
. kengängen Kants bis zur Aufstellung der „Grundsätze des reinen Ver-
n standes‘“ nachgeht. Die gegenständliche Gültigkeitsfunktion macht
S die Kategorien zu Begründungsprinzipien derjenigen Urteile, die den
= Erfahrungsgegenstand definieren. Daher folgt aus den Kategorien der
Quantität der Grundsatz: Alle Anschauungen sind extensive Größen.
Das heißt aber, jeder erfahrbare Inhalt muß, um Gegenstand der Er-
X fahrung zu sein, extensiver Größenbestimmung zugänglich sein. Und
hieraus folgert Kant die Gültigkeit der Mathematik für die Natur-
S wissenschaften. Denn es ergibt sich für ihn aus diesem transzenden-
h talen Grundsatze, daß „die reine Mathematik in ihrer ganzen Präcision
4 auf Gegenstände der Erfahrung anwendbar“‘ ist. (III, 151.) Die gegen-
ständliche Funktion der Quantitätskategorie hat also die Bedeutung
des Mathematisch-Quantitativen, während ihre formallogische Be-
N deutung sich in der Urteilsquantität erschöpft.
; Gewiß hat nun Kant beide Funktionen nicht identifiziert, aber un-
N möglich kann aus der logischen Quantität die mathematische dedu-
n ziert werden. Zwischen ihnen besteht überhaupt kein strenges Not-
wendigkeitsverhältnis von der unbedingten Art, wie sie Kant hier for-
dert. Die logische Einheit, Vielheit und Allheit betreffen überhaupt
keine Verhältnisse, die unmittelbar durch Zahlen bestimmbar wären.
Denn dann wäre die formale Logik selbst schon Arithmetik und nicht
das Gültigkeitsprinzip für sie. Einheit ist nicht Einsheit und Vielheit
bedeutet noch lange nicht Anzahl oder abzählbare Menge. Die Zahl
und überhaupt die extensive Größe lassen sich nicht aus formallogi-
En scher Gesetzlichkeit in eindeutiger Weise ableiten, trotz des Bestehens
9 einer Algebra der Logik. Oder allgemeiner gefaßt, denn die übrigen
nn Korrespondenzen zwischen den Kategorien und den formallogischen
Urteilsarten unterliegen den gleichen Bedenken: Aus den Prinzipien
, der allgemeinen Gegenständlichkeit, besonders aus dem allgemeinen
Wahrheitsbegriffe mit seiner Einteilung der Urteile lassen sich die
Kategorien des Erfahrungsgegenstandes überhaupt nicht deduzieren,
mindestens nicht nach der Methode, die Kant eingeschlagen hat.
3 Zwischen der gegenständlichen und formallogischen Funktion der
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