Full text: Kant

hat sich ganz in den kritischen Ichbegriff, in die erste Bedingung alles 
Gegenständlichen zurückgezogen und wirkt in die Naturauffassung 
nur noch durch das Medium des Urteils hinein. Maß und Zahl allein 
zusamt dem mechanischen Kraftbegriff beherrschen die Bewegungen 
der Atome, die jeglichen Naturgegenstand zusammensetzen. Kant 
schließt diesen Erkenntnisweg an der Natur nach oben hin ab, indem 
er seine letzten Bedingungen entdeckt. Er beweist die Gültigkeit der 
mathematischen Gesetzlichkeit für die Natur. Das zeitlose Sein der 
Zahlen und geometrischen Gebilde bringt in das relative Chaos des 
Wirklichen einen Ordnungsgedanken, der das Wirkliche übersehbar 
macht. Die Analogien der Erfahrung hatten den gegenständlichen 
Charakter des Wirklichen bewiesen, aber die Grundsätze der Quantität 
fügen noch ein spezifisches Ordnungsmoment hinzu. Was zuerst als 
eine unbeabsichtigte Einengung des Gegenstandsbegriffes erschien, 
erweist sich jetzt, bei der erreichten vollen Allgemeinheit des Gegen- 
standsbegriffes, als eine methodische Bedingung, um den Gegenstand 
eines besonderen Wissenschaftsgebietes zu definieren. 
Darin liegt der in der Gegenwart zu großer Fruchtbarkeit gelangte 
Gedanke einer Methodologie der Wissenschaften, 'die gezeigt hat, in 
welch tiefer Weise die Wissenschaften bis ins einzelnste hinein von 
der Gesetzlichkeit des Logischen beherrscht werden. 
10. Aus diesen methodologischen Bestimmungen Kants über die 
Natur erwächst nun noch eine besondere Beziehung zum Menschen 
und seinen natürlichen Lebensbedingungen. Erst diese quantitativen 
Bedingungen nämlich ermöglichen im physischen Sinn dem Men- 
schen, die Natur sich dienstbar zu machen, sich zum Herrscher über 
die Natur zu machen, sie als Mittel zur Verwirklichung von Kultur- 
ordnungen zu gebrauchen. Soll der Mensch die Natur nach seinem 
Willen gestalten, so muß er die Möglichkeit haben, die Wirkungen 
seines Tuns an den wirklichen Gegenständen zu beurteilen. Er muß 
die Mittel kennen, um seine Zwecke zu erreichen, d. h. er muß die 
kausalen Zusammenhänge zwischen den wirklichen Gegenständen als 
Mitteln und dem im Zweck gesetzten, zu gestaltenden Zielgegenstande 
kennen. Die Analogien der Erfahrung aber reichen für die Erkenntnis 
der hierzu notwendigen Zusammenhänge der Erscheinungen nicht aus. 
Denn sie gestatten nicht, im besonderen Falle die Wirkung zu erken- 
nen, die aus der einzelnen Ursache hervorgeht, Das Werkzeug aber, 
dieses universale Hilfsmittel zu allem Kulturgebaren in der Mensch- 
heit, fordert unbedingt die Erkenntnis des individuellen Zusammen- 
hangs zwischen Ursache und Wirkung. Es bedarf der Einsicht in die 
72
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.